Sitzung der AG Politik beim 7. Petersburger Dialog in Wiesbaden, 13.-15. Oktober 2007

Die Arbeitsgruppe Politik befasste sich mit zwei Themenblöcken, die sich mit den Grundfragen der deutsch-russischen Zusammenarbeit im internationalen Raum auseinandersetzten: „Zusammenarbeit EU-Russland – gemeinsame Werte und gemeinsame Interessen“ sowie „Sicherheit und Vertrauen.“

In der Diskussion im ersten Teil zeigten sich die Teilnehmer überzeugt, dass die Voraussetzungen vorhanden sind, um den europäisch-russischen Beziehungen eine neue Dynamik zu verleihen und in eine neue Phase der Zusammenarbeit einzutreten. Dafür sprechen die gemeinsamen Werte und Interessen: Klar ist, dass die gemeinsamen Werte der Deutschen und Russen aus den christlichen und humanistischen Traditionen der europäischen Kultur gespeist sind. Nicht weniger offensichtlich ist, dass die Entwicklung in jedem Land im historischen, politischen und sozioökonomischen Bereich eine andere ist. Dies muss respektiert und in der praktischen Politik berücksichtigt werden.

Gemeinsame Interessen erstrecken sich auf die Notwendigkeit, effektive Antworten auf die neuen Herausforderungen und Bedrohungen zu finden. Dazu gehören unter anderem Internationaler Terrorismus, unkontrollierte Migration, Gefahr des Klimawandels und Aufbau einer gerechten globalen Ordnung, die ein würdiges Leben in Frieden und Freiheit ermöglicht. Das gilt auch für die Losung konkreter Fragen in der Wirtschaft, des Handels und der Energieversorgung, des breiten gesellschaftlichen und politischen Dialogs.

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe meinen, dass die fortschreitende Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Russland und der EU durch die Konzentration auf die Gemeinsamkeiten gefördert wird und nicht durch die Fokussierung auf die bestehenden Meinungsverschiedenheiten. Ihre Oberwindung kann durch ruhigen und konstruktiven Dialog erfolgen. Gegenseitige Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.

Im Laufe der intensiven Diskussion zum Thema „Sicherheit und Vertrauen“ wurden unterschiedliche Einschatzungen und Meinungen offenbar. Die ernstzunehmende Besorgnis der Öffentlichkeit in beiden Ländern spiegelt die akuten Tendenzen im Bereich der international en Politik wider. Es handelt sich vor allem um die geplante Stationierung der amerikanischen Raketenabwehr in Europa sowie das Schicksal der KSE- und INF-Verträge. Es darf nicht übersehen werden, dass das System der vertraglichen Regelungen mit dem Ziel der Reduktion der militärischen Konfrontation, geschwächt wird. Es ist aber offensichtlich, dass die Schwächung des vertraglichen Systems der Rüstungskontrolle dem internationalen Vertrauen nicht förderlich ist. Die Zusammenarbeit im Rahmen des NATO-Russland-Rates kann die Defizite in diesem Gebiet nicht ausgleichen.

Die Teilnehmer der Diskussion äußerten sich besorgt darüber, dass die entstehende sicherheitspolitische Situation die permanente Debatte über einen neuen „Kalten Krieg“ provoziert. Es wäre gefährlich und unverantwortlich, solche Stimmungen zu fördern und die Öffentlichkeit zu verunsichern. Zugleich wäre es unvernünftige, negative Tendenzen zu verschweigen. In den Jahren der Entspannung wurden positive Erfahrungen bei der Lösung komplizierter internationaler Probleme gesammelt. An dieser Arbeit war die Zivilgesellschaft aktiv beteiligt. Dies spricht für die Notwendigkeit, eine breite gesellschaftliche Debatte darüber zu beginnen, ob wir die Bewegung zur europäischen Einigung fortsetzen oder diesen Prozess erlahmen lassen.
Die Arbeitsgruppe Politik ist der Meinung, dass der Petersburger Dialog als einflussreiche Einrichtung der Zivilgesellschaft berufen ist, sich klar dazu zu äußern.