Vom 17.-19. Juli 2011 tagte der 11. Petersburger Dialog in Wolfsburg und Hannover. Im Fokus des diesjährigen Petersburger Dialogs vom 17.-19. Juli 2011 stand das Verhältnis von Bürger, Gesellschaft und Staat im Modernisierungsprozess. Etwa 300 Teilnehmer aus allen gesellschaftlichen Bereichen Deutschlands und Russlands kamen zur erstmals in Niedersachsen stattfindenden Konferenz nach Wolfsburg und Hannover. Die positive Resonanz spiegelt wider, dass sich der Dialog in diesem Jahr dynamischer und diskussionsfreudiger denn je gestaltete. Als Neuerung wurden zusätzlich zu den acht Arbeitsgruppensitzungen interdisziplinäre Paneldiskussionen zu den Themen Migration, Ökologie, Sozialpartnerschaft und Persönliche Freiheit des Menschen durchgeführt. Die Gespräche in den Paneldiskussionen und Arbeitsgruppen waren nach Angaben aller Teilnehmer sehr intensiv. Die Ergebnisse wurden in einer öffentlichen Podiumsdiskussion unter Beteiligung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zum Abschluss des Petersburger Dialogs in Hannover diskutiert. Offen und kritisch wurden aus dem Teilnehmerkreis des Petersburger Dialogs und des Jugendparlaments dringend zu lösende Fragen des deutsch-russischen Bürgerdialogs angesprochen, darunter die Visaproblematik, die Nichtanerkennung von russischen akademischen Abschlüssen in Deutschland, die bürokratischen Hürden für russische NGOs sowie die finanzielle Förderung des Jugendaustauschs zwischen Russland und Deutschland. Bundeskanzlerin und Präsident stellten sich allen Fragen aufgeschlossen und auch selbstkritisch: Angela Merkel sah beispielsweise einen Großteil der Verantwortung in der Visafrage bei der Bundesregierung. Man werde gemeinsam entschlossen daran arbeiten, Visaerleichterungen zu ermöglichen. Dmitri Medwedew räumte ein, dass in Russland noch immer ein aus der Sowjetunion vererbtes Misstrauen gegenüber NGOs herrsche, dessen Überwindung Aufgabe der gesamten Gesellschaft sei.

Die im Rahmen des Petersburger Dialogs bereits geleistete Arbeit zum Thema „Verantwortung vor der Geschichte als zivilgesellschaftliche Aufgabe“ soll mit einem weiteren Seminar in Moskau fortgesetzt werden. In der Arbeitsgruppe Zivilgesellschaft erklärten die Stiftung EVZ, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Heinrich-Böll-Stiftung ihre Bereitschaft zur Unterstützung. Ein Durchbruch wurde im Bereich der Filmzusammenarbeit erzielt: Als großen Erfolg wertet die Arbeitsgruppe Kultur das „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über die Zusammenarbeit im audiovisuellen Bereich“, das am 19. Juli bei den Regierungskonsultationen unterzeichnet wurde. Der deutsch-russische Film ist seit 2007 ein Schwerpunktthema der Arbeitsgruppe Kultur. Beschlossen wurde auch die aktive Durchführung von Projekten im Rahmen des Deutschlandjahrs in Russland und des Russlandjahrs in Deutschland 2012/13. Die unter der Schirmherrschaft der AG Kultur stehende Ausstellung „Russen und Deutsche. 1000 Jahre Geschichte, Kunst und Kultur“ wird als Auftaktveranstaltung des Deutschlandjahrs in Russland im Juni 2012 starten. Als Beitrag des Petersburger Dialogs wird ein spezielles Schulbegleitheft zur Ausstellung erarbeitet.

Eröffnet worden war die Tagung am 17. Juli in der AutoStadt Wolfsburg mit Grußworten des Niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister, dem Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG Prof. Dr. Martin Winterkorn sowie den Vorsitzenden des Petersburger Dialogs, Dr. Wiktor Subkow und Dr. h.c. Lothar de Maizière.

Die Festredner Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter des Bundesverfassungsgerichts, und Michail Schwydkoi, Präsident der Stiftung „Russische Fernsehakademie“ und Sonderbeauftragter des Präsidenten der Russischen Föderation für internationale kulturelle Zusammenarbeit, beleuchteten in ihren Festvorträgen das Dachthema aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln. Ein Bürger müsse die Freiheit zum Handeln haben, aber zugleich auch den Willen des Handelns, so Di Fabio. Schwydkoi ging auf das Verhältnis Freiheit und Sicherheit ein.

Der Peter-Boenisch-Gedächtnispreis 2011 wurde an die junge deutsche Journalistin Mareike Aden verliehen, auf russischer Seite teilen sich den ersten Preis Anastasija Roschkowa, mit 17 Jahren jüngste Teilnehmerin des Wettbewerbs, sowie die Zeitschrift „butterbrot“, ein studentisches Gemeinschaftsprojekt von jungen Studierenden der Universitäten Hannover und Tomsk. Stellvertretend für alle Mitwirkenden an dem Journal nahm Ksenija Saljukowa den Preis entgegen, die derzeit in Hannover am 7. Deutsch-Russischen Jugendparlament mitwirkt. Im Rahmen des Peter-Boenisch-Gedächtnispreises, der sich an Nachwuchsjournalisten wendet, wurde erstmals ein Sonderpreis vergeben an einen erfahrenen russischen Journalisten: Wladimir Kondratjew. Es ist angedacht, den Sonderpreis auch in Zukunft zu vergeben, an erfahrenere Journalisten, die sich besonders um die deutsch-russischen Beziehungen und um die Verständigung und Freundschaft beider Völker verdient gemacht haben.

Bildergalerie

Arbeitsgruppen

1. Politik

Thema: „Deutsche und russische Sicherheit im 21. Jahrhundert: Gemeinsame Herausforderungen getrennte Wege?“

Koordinatoren:
Jens Paulus, Leiter Team Europa / Nordamerika, Konrad-Adenauer-Stiftung
Prof. Dr. Konstantin Chudolej, Prorektor, Staatliche Universität St. Petersburg

2. Wirtschaft

Thema: „Aktuelle Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten – Möglichkeiten neuer bilateraler Strategien“

Koordinatoren:
Prof. Dr. Klaus Mangold, Geschäftsführer, IWB GmbH
Waleri Golubjew, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands, Gazprom

3. Zivilgesellschaft

Thema: „Entwicklung gesellschaftlicher Institute – ein Marshallplan für die Zivilgesellschaft?“

Koordinatoren:
Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Botschafter a. D.; Vorsitzender des Vorstands, Deutsch-Russisches Forum e.V.
Michail Fedotow, Vorsitzender des Rates für die Mitwirkung an der Entwicklung der Institute der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte beim Präsidenten der Russischen Föderation

4. Bildung und Wissenschaft

Thema: „Bildung und Wissenschaft als Motor für Modernisierung und Innovation“

Koordinatoren:
Prof. Dr. Wilfried Bergmann, Vice President, International Affairs and Higher Education Policies, Universität Wiesbaden
Prof. Dr. Igor Gorlinski, Erster Prorektor für wissenschaftliche Arbeit, Staatliche Universität St. Petersburg

5. Kultur

Thema: „Kooperationen mit Blick auf das Deutschlandjahr in Russland 2012/2013“

Koordinatoren:
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Parzinger, Präsident, Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Prof. Dr. Michail Piotrowski, Direktor, Staatliche Eremitage

6. Medien

Thema: „Staat und Medien – Fluch und Segen direkter Beteiligung“

Koordinatoren:
Prof. Michael Rutz, Publizist
Witali Ignatenko, Generaldirektor der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS

7. Zukunftswerkstatt

Thema: „Fußball-WM 2006 in Deutschland und 2018 in Russland – Wege zum positiven Patriotismus“

Koordinatoren:
Alexander Rahr, Leiter Berthold-Beitz-Zentrum – Kompetenzzentrum für Russland, Ukraine, Belarus und Zentralasien, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)
Natalja Tscherkessowa, Projektleiterin, Presseagentur Rosbalt

8. Kirchen in Europa

Thema: „Bewahrung der Schöpfung – Christliche Impulse für Ökologie und Nachhaltigkeit“

Koordinatoren:
Dr. Johannes Oeldemann, Direktor, Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik
Priestermönch Filaret (Bulekow), Stellvertretender Vorsitzender des Kirchlichen Außenamtes des Moskauer Patriarchats

Panels und Abschlussbericht

Themenübergreifende Paneldiskussionen beim 11. Petersburger Dialog

Neben den Arbeitsgruppensitzungen wird es als Neuerung beim 11. Petersburger Dialog vier themenübergreifende Paneldiskussionen geben. Ziel ist es, mehr Raum für den interdisziplinären Meinungsaustausch zwischen den deutschen und russischen Teilnehmern der verschiedenen Arbeitsgruppen des Petersburger Dialogs zu schaffen und so eine umfassendere Perspektive auf aktuelle Themen zu ermöglichen.

Themen und Leiter der Paneldiskussionen beim 11. Petersburger Dialog:

I.) Migration und Integration

Leitung:
Propst Siegfried T. Kasparick, Regionalbischof von Wittenberg, Evangelische Kirche in Deutschland
Ljudmila Narussowa, Vorsitzende des Ausschusses für Informationspolitik, Föderationsrat der föderalen Versammlung der Russischen Föderation

II.) Die persönliche Freiheit des Menschen als Schlüssel zur Modernisierungspolitik Deutschlands und Russlands

Leitung:
Marieluise Beck, Mitglied des Bundestags, Bündnis 90/Die Grünen
Michail Fedotow, Vorsitzender, Rat für die Mitwirkung an der Entwicklung der Institute der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte beim Präsidenten der Russischen Föderation

III.) Ressourcen bewahren – Ökologie als Zukunftssicherung der Modernisierung

Leitung:
Prof. Dr. Wilfried Bergmann, Mitglied des Vorstands, Petersburger Dialog e.V.; Mitglied des Lenkungskreises, Deutsch-Russisches Rohstoff-Forum
Prof. Dr. Igor Gorlinski, Erster Prorektor für Lehrtätigkeit und wissenschaftliche Arbeit, Dekan Biologische Fakultät, Staatliche Universität St. Petersburg

IV.) Sozialpartner als wichtiges Element für Modernisierung in Wirtschaft und Staat

Leitung:
Prof. Dr. Klaus Mangold, Geschäftsführer, IWB GmbH
Waleri Golubjew, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstands, Gazprom

 Mehr Dynamik beim 11. Petersburger Dialog 2011

Im Fokus des diesjährigen Petersburger Dialogs vom 17.-19. Juli 2011 stand das Verhältnis von Bürger, Gesellschaft und Staat im Modernisierungsprozess. Etwa 300 Teilnehmer aus allen gesellschaftlichen Bereichen Deutschlands und Russlands kamen zur erstmals in Niedersachsen stattfindenden Konferenz nach Wolfsburg und Hannover. Als Neuerung wurden zusätzlich zu den acht Arbeitsgruppensitzungen interdisziplinäre Paneldiskussionen zu den Themen Migration, Ökologie, Sozialpartnerschaft und Persönliche Freiheit des Menschen durchgeführt.

Prof. Dr. Klaus Mangold bei der Abschlussdiskussion; Fotograf: Sascha Radke

Die Ergebnisse wurden in einer öffentlichen Podiumsdiskussion unter Beteiligung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew zum Abschluss des Petersburger Dialogs in Hannover diskutiert. Offen und kritisch wurden aus dem Teilnehmerkreis des Petersburger Dialogs und des Jugendparlaments dringend zu lösende Fragen des deutsch-russischen Bürgerdialogs angesprochen, darunter die Visaproblematik, die Nichtanerkennung von russischen akademischen Abschlüssen in Deutschland, die bürokratischen Hürden für russische NGOs sowie die finanzielle Förderung des Jugendaustauschs zwischen Russland und Deutschland. Bundeskanzlerin und Präsident stellten sich allen Fragen aufgeschlossen und auch selbstkritisch: Angela Merkel sah beispielsweise einen Großteil der Verantwortung in der Visafrage bei der Bundesregierung. Man werde gemeinsam entschlossen daran arbeiten, Visaerleichterungen zu ermöglichen. Dmitri Medwedew räumte ein, dass in Russland noch immer ein aus der Sowjetunion vererbtes Misstrauen gegenüber NGOs herrsche, dessen Überwindung Aufgabe der gesamten Gesellschaft sei.

Eröffnung des 11. Petersburger Dialogs 2011

Eröffnungsveranstaltung beim 11. Petersburger Dialog; Fotograf: Sascha Radke

Der 11. Petersburger Dialog 2011 wurde in der Autostadt Wolfsburg mit Grußworten des Niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister, des Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG Prof. Dr. Martin Winterkorn und der Vorsitzenden des Petersburger Dialogs, Dr. h.c. Lothar de Maizière und Dr. Wiktor Subkow, feierlich eröffnet. „Unser Dialog steht für einen umfassenden Dialog, der ständig neue Impulse erzeugt und nicht erstarrt oder in Routine erlahmt“, so Lothar de Maizière, Vorsitzender des deutschen Lenkungsausschusses, in seinem Eingangsstatement: „Wir haben uns viel vorgenommen, möchten unsere Stärke eines interdisziplinären Dialogs ausbauen, problematische und kontroverse Themen ansprechen.“ Besonderen Anklang bei den über 400 Eröffnungsgästen fanden die diesjährigen Festredner: Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter des Bundesverfassungsgerichts, und Michail Schwydkoi, Präsident der Stiftung „Russische Fernsehakademie“ und Sonderbeauftragter des Präsidenten der Russischen Föderation für internationale kulturelle Zusammenarbeit, beleuchteten das Dachthema „Bürger, Gesellschaft und Staat – Partner im Modernisierungsprozess“ aus jeweils unterschiedlichen Blickwinkeln. Ein Bürger müsse die Freiheit zum Handeln haben, aber zugleich auch den Willen des Handelns, so Di Fabio. Schwydkoi ging insbesondere auf das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit ein.

Der Peter-Boenisch-Gedächtnispreis 2011 wurde traditionell im Rahmen der Eröffnung verliehen, in diesem Jahr in Anwesenheit der Töchter Peter Boenischs Nika und Nanja. Deutsche Preisträgerin 2011 ist Mareike Aden, die als freie Journalistin in Moskau unter anderem für die Deutsche Welle tätig ist.

Preisträgerin des Peter-Boenisch-Gedächtnispreises 2011 Mareike Aden; Fotograf: Sascha Radke

Auf russischer Seite teilen sich den ersten Preis Anastasija Roschkowa, mit 17 Jahren jüngste Teilnehmerin des Wettbewerbs, sowie die Zeitschrift „butterbrot“, ein studentisches Gemeinschaftsprojekt von jungen Studierenden der Universitäten Hannover und Tomsk. Stellvertretend für alle Mitwirkenden an dem Journal nahm Ksenija Saljukowa den Preis entgegen, die in Hannover am 7. Deutsch-Russischen Jugendparlament teilnahm. Im Rahmen des Peter-Boenisch-Gedächtnispreises, der sich an Nachwuchsjournalisten wendet, wurde erstmals ein Sonderpreis vergeben an einen verdienten russischen Journalisten: Wladimir Kondratjew. Es ist angedacht, den Sonderpreis auch in Zukunft zu vergeben, an erfahrenere Journalisten, die sich besonders um die deutsch-russischen Beziehungen und um die Verständigung beider Völker verdient gemacht haben.

Im Anschluss an die Eröffnung waren die Teilnehmer des 11. Petersburger Dialogs zu einem Empfang in der Autostadt geladen, in dessen Verlauf Führungen durch das Zeithaus-Museum angeboten wurden. Mit der Wassershow „White Nights“, die sich anlässlich des Dialogs dem Thema Russland widmete, ging der erste Konferenztag zuende.

Arbeitsgruppensitzungen und Paneldiskussionen
Die Gespräche in den Paneldiskussionen und Arbeitsgruppen am 18. Juli 2011 in der AutoUni Wolfsburg waren nach Angaben der Teilnehmer sehr intensiv. Die vollständigen Ergebnisprotokolle sind auf der Webseite des Petersburger Dialogs nachlesbar, im Folgenden werden einige Aspekte aus den Diskussionen der einzelnen Arbeitsgruppen herausgegriffen.

Die Arbeitsgruppe Politik, die von Jens Paulus und Prof. Dr. Konstantin Chudolej geleitet wurde, diskutierte in Fortsetzung der Diskussionen vom vergangenen Jahr die Frage nach einer gesamteuropäischen Sicherheitsstruktur. Außerdem standen die Herausforderungen durch religiösen Fundamentalismus auf der Agenda. Die Beratungen sollen noch vor dem nächsten Dialog 2012 fortgesetzt werden, für Oktober und Dezember sind Tagungen der AG in Berlin und St. Petersburg vorgesehen.

Die deutsch-russische Zusammenarbeit im Wirtschaftssektor benötige zurzeit eine Wende in Richtung Modernisierung der Industrieproduktion, so die Teilnehmer der von Prof. Dr. Klaus Mangold und Waleri Golubjew geleiteten Arbeitsgruppe Wirtschaft. Besonders wichtig sei es in dieser Hinsicht, die Schaffung eines günstigen Investitionsklimas nachhaltig zu fördern, den Austausch fortschrittlicher Technologien und die Ausbildung des modernen Personals fortzusetzen, sämtliche Rechtsgrundlagen der Wirtschaftsbeziehungen zu vervollkommnen und sich weiterhin für den visafreien Verkehr für Geschäftsleute beider Länder zu engagieren. Die Folgen des deutschen Atomenergieausstiegs für die Russlandpolitik waren ein weiterer Diskussionspunkt. Die Arbeitsgruppe empfahl, die positiven Erfahrungen der deutsch-russischen Zusammenarbeit im Rohstoffsektor auch in anderen Bereichen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit anzuwenden.Die im Rahmen des Petersburger Dialogs bereits geleistete Arbeit zum Thema „Verantwortung vor der Geschichte als zivilgesellschaftliche Aufgabe“ soll mit einer wissenschaftlichen Konferenz im Frühjahr 2012 in Moskau fortgesetzt werden. In der Arbeitsgruppe Zivilgesellschaft, geleitet von Dr. Ernst-Jörg von Studnitz und Prof. Michail Fedotow, erklärten die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, die Friedrich-Ebert-Stiftung und die Heinrich-Böll-Stiftung ihre Bereitschaft zur Unterstützung dieses Vorhabens. Das Sozialforum, das unter dem Dach des Petersburger Dialog steht, wird bei einer konstituierenden Sitzung im November in Samara erste Arbeitsschritte festlegen. Der neue Tagesordnungspunkt „Die Kunst einander zuzuhören“ fand großen Zuspruch unter den Teilnehmern und soll künftig als fester Bestandteil der Arbeitsgruppe zur Erörterung wechselseitig sensibler Themen fortgeführt werden.

Vier Themenschwerpunkte diskutierte die Arbeitsgruppe Bildung und Wissenschaft unter Leitung der Koordinatoren Prof. Dr. Wilfried Bergmann und Prof. Dr. Igor Gorlinski: Rechtliche Zusammenarbeit, Erstellung von Unterrichtsmaterialien zur Geschichte (erste Module sollen im Herbst zur Verfügung gestellt werden), Weiterbildung und der Ausbau der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene. Im Bereich Bildung und Wissenschaft wurden vier Absichtserklärungen unterzeichnet, im Einzelnen zwischen dem DAAD und der St. Petersburger Staatlichen Universität zur Kooperation im Bereich der Rechtswissenschaften, dem Fraunhofer-Institut und der Nevz Sojuz AG zur Erforschung von Keramiken, der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste und der Moskauer Lomonossow-Universität zur Zusammenarbeit beim akademischen Austausch und dem Programm eines doppelten Abschlusses.

Michail Schwydkoi und Prof. Justus Frantz in der AG Kultur; Fotograf: Sascha Radke

Im Bereich der Filmzusammenarbeit wurde ein Durchbruch erzielt: Als großen Erfolg wertet die Arbeitsgruppe Kultur des Petersburger Dialogs das „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Russischen Föderation über die Zusammenarbeit im audiovisuellen Bereich“, das am 19. Juli bei den Regierungskonsultationen unterzeichnet wurde. Der deutsch-russische Film ist seit 2007 ein Schwerpunktthema der Arbeitsgruppe Kultur, die auch in diesem Jahr von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hermann Parzinger und Prof. Dr. Michail Piotrowski koordiniert wurde. Beschlossen wurde auch die aktive Durchführung von Projekten im Rahmen des Deutschlandjahrs in Russland und des Russlandjahrs in Deutschland 2012/13. In 2012 ist eine Konzentration auf Moskau und St. Petersburg vorgesehen, in 2013 sind regionale Schwerpunkte in Wolgograd, Jekaterinburg und Nowosibirsk sowie Sonderprogramme für Kaluga und Sotschi in Planung. Die unter der Schirmherrschaft der AG Kultur stehende Ausstellung „Russen und Deutsche. 1000 Jahre Geschichte, Kunst und Kultur“ wird als Auftaktveranstaltung des Deutschlandjahrs in Russland starten.

Eine von der Arbeitsgruppe Medien veranlasste Publikation zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk soll Praxis und Gesetzgebung in Deutschland mit russischen Vorhaben vergleichen sowie Vorschläge für ein in Russland praktikables Modell erarbeiten. Die Federführung sollten die Professoren Michail Fedotow und Albert Scharf übernehmen, die schon vor fünf Jahren den Medienrechtsvergleich erarbeitet hatten. Für das kommende Jahr planen die Koordinatoren der AG Medien, Prof. Michael Rutz und Witali Ignatenko, die Durchführung einer Journalistenreise nach Russland zum Thema Staat und Religion; eine Reise für russische Journalisten nach Deutschland ist ebenfalls angedacht.

Die Fußball-WM 2018 in Russland und mit ihr die Frage nach „Wegen zum positiven Patriotismus“ stand im Mittelpunkt der Beratungen der Arbeitsgruppe Zukunftswerkstatt unter Leitung von Alexander Rahr und Natalja Tscherkessowa. Die WM wird als große Chance für Russland gesehen, sofern es gelinge, wirtschaftliche und soziale Herausforderungen zu meistern und die russische Gesellschaft in ihrer Breite miteinzubeziehen. Auch das Problem nationalistischer Tendenzen und gewaltbereiter Fußballfans wurde diskutiert. Der russische Vize-Premierminister und Co-Vorsitzende des Petersburger Dialogs Dr. Wiktor Subkow begrüßte ausdrücklich den Vorschlag des deutschen Abgeordneten Franz Thönnes, russische Behörden bei der Prävention von Ausschreitungen zu beraten.

In der Arbeitsgruppe Kirchen in Europa, koordiniert von Dr. Johannes Oeldemann und Priestermönch Filaret, vereinbarten die Teilnehmer unter dem Motto „Christliche Impulse für Ökologie und Nachhaltigkeit“, sich gegenseitig über beispielhafte Projekte kirchlicher Träger im Umweltbereich sowie über die Erarbeitung kirchlicher Verlautbarungen in diesem Bereich zu informieren. Die „ökologische Modernisierung“ sollte als ein Leitbild in die politische Debatte eingebracht werden.

Nach einem interdisziplinären Meinungsaustausch aller Teilnehmer über die Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen fanden parallel vier Paneldiskussionen statt. Die Themen lauteten „Migration und Integration“ (Leitung: Propst Siegfried T. Kasparick; Ludmila Narusowa), „Die persönliche Freiheit des Menschen als Schlüssel zur Modernisierungspolitik Deutschlands und Russlands“ (Leitung: Marieluise Beck, MdB; Prof. Michail Fedotow), „Ressourcen bewahren – Ökologie als Zukunftssicherung der Modernisierung“ (Leitung: Prof. Dr. Wilfried Bergmann; Prof. Dr. Igor Gorlinski), „Sozialpartner als wichtiges Element für Modernisierung in Wirtschaft und Staat“ (Leitung: Prof. Dr. Klaus Mangold; Waleri Golubjew).

Abschlussplenum des 11. Petersburger Dialogs 2011: Teilnehmer des 7. Jugendparlaments mit Merkel, Medwedew, de Maizière und Subkow; Fotograf: Sascha Radke

Zum Abschluss des zweiten Konferenztages luden Oberbürgermeister Prof. Rolf Schnellecke und die Vorsitzenden des Petersburger Dialogs Dr. Wiktor Subkow und Dr. h.c. Lothar de Maizière zu einem Empfang ins Schloss, bei dem sich die Mitglieder des deutsch-russischen Lenkungsausschusses ins Goldene Buch der Stadt Wolfsburg eintrugen. Das historische Schlossgebäude aus dem 18. Jahrhundert bildete einen spannenden Kontrast zur modernen Architektur der AutoUni, in der die Arbeitsgruppen zuvor getagt hatten.

Bilanz und Ausblick
Der 11. Petersburger Dialog 2011 zeigte sich insgesamt diskussionsfreudiger und dynamischer als je zuvor. „Das, was ich über die Gespräche, die dieses Mal geführt wurden, gelesen habe, macht mich optimistisch“, resümierte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Abschlussplenum in Hannover. Präsident Dmitri Medwedew schloss sich der Ansicht an, es sei besser zu streiten als zu schweigen, vom Petersburger Dialog erwarte er auch in Zukunft neue interessante Ideen zur Intensivierung des gesellschaftlichen Austausches.

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