Tagung der AG Bildung und Wissenschaft auf dem 14. Petersburger Dialog in Potsdam, 22.-24. Oktober 2015

Das Thema „Modernisiserung durch Bildung und Wissenschaft“ stand im Zentrum der Beratungen der AG Bildung und Wissenschaft während des 14. Petersburger Dialogs, der vom 22.-24. Oktober 2015 in Potsdam tagte.

Thema: Modernisierung durch Bildung und Wissenschaft

Teilnehmer:

Deutsche Seite: Prof. Dr. Wilfried Bergmann – Vorsitz – , E. Gothsch (Russischlehrerverband), T. Lauterbach (Juristin, OLG München), M. Nagel (BMBF, Go-East-Generation), Prof. Dr. T. Posselt (FraunhoferGes.), St. Preissler (Fraunhofer Inst. Chemnitz), Dr. A. Vollmer (Vize-Präs. Dt. Bundestag a. D.)

Russ. Seite: Prof. Dr. V. Kokscharov – Vorsitz – (Uni Jekatrinburg), Dr. A. Saralidze (Uni. Vladimir), Prof. Dr. Igor Schukovski (Uni. Kaliningrad), Prof. Dr. A. Schutov (MGU Moskau), Prof. Dr. L. Verbitzkaja (Präs. Russ. Akademie für Bildung)

Vorbemerkung: Wegen der Begrenzung der Teilnehmerzahl in Potsdam hatte am 24. September 2015 in Moskau eine AG-Besprechung stattgefunden, an der teilnahmen: Prof. Dr. W. Bergmann, Dr. J. Achterberg (DFG,Moskau), Dr. G. Berghorn (DAAD, Moskau), G. Horst (Kant-Ges.), St. Preissler (Fraunhofer-Inst.) sowie Prof. Dr. I. Schukovski (Uni Kaliningrad) Prof. Dr. Gogolevskij (Moskau). Die Ergebnisse diese Vorbesprechung wurden in die Beratungen der AG in Potsdam einbezogen.

 

Ergebnisse der Potsdamer Beratungen:

1. Prof. Bergmann begrüßte die Teilnehmer, entschuldigte den abwesenden russ. Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Prof. Dr. A. Klemeschev, der aus dringenden dienstlichen Gründen an der Teilnahme in Potsdam gehindert war und begrüßte als seinen Vertreter Prof. Kokscharov.

Dann wurde über die wesentlichen Veranstaltungen der AG in 2015 berichtet: das Treffen mit dem Wissenschaftsrat Skolkovo, die Sommerschule an der Uni Kaliningrad, die Treffen mit dem Kurtschatov-Institut in Moskau, dem Forschungszentrum in Obminsk und den Veranstaltungen der Rechtszusammenarbeit in den Bereichen Zivil- und Wirtschaftsrecht, Kommunalrecht, Völkerrecht und soziale Menschenrechte.

2. Im Jahre 2016 will die Arbeitsgruppe Bildung und Wissenschaft weiterhin fachübergreifende Themen aufnehmen, Projekte generieren und in die politische Diskussion einbringen. Folgende Themenfelder wurden herausgestellt, die im kommenden Jahr vertieft werden sollen:

2.1  Als wichtig wurde erachtet, die deutsch-russische akademische Zusammenarbeit zu intensivieren und neue Mechanismen der wissenschaftlich-technischen Kooperation zu entwickeln. Angeregt wurde, Foren zum wissenschaftlichen Schaffen der Jugend und gemeinsame Jugendprojekte anzustoßen, aber auch das deutsch-russische Jugendparlament weiter zu unterstützen. Auf Arbeitsebene soll die Zusammenarbeit zwischen Forschern und Wissenschaftler beider Länder gestärkt und weitere Formen des berufsbildenden und des akademischen Austausches gefunden und dies in die bestehenden staatlichen Förderinstrumente und -institutionen eingebracht werden. Unterstützt werden soll auch  die Zusammenarbeit von Dozenten aus russischen Regionen mit Experten von Hochschulen in ganz Deutschland. Die Kooperation der Universitäten in den großen Zentren sollte diversifiziert werden.

Studierende, Forscher und Dozenten zu gewinnen,  die im jeweils anderen Land Studienaufenthalte absolvieren oder Lehraufträge übernehmen, also den Austausch von Menschen zwischen den deutschen und russischen Universitäten, will die AG unterstützen. Ähnlich dem Wettbewerb zur Auswahl deutscher Auslandsstudenten sollte in Russland ein vergleichbarer föderaler Wettbewerb um die Besten eingerichtet werden.

Die AG wünscht, dass in Deutschland mehr Informationen über russische Universitäten, deren Rating und deren Spezialgebiete vorliegen bzw. öffentlich zugänglich seien.  Die Qualität, die Vergleichbarkeit und damit verbunden die Anerkennung von Studiumsabschnitten und Studien- sowie Berufsabschlüssen spielen dabei eine große Rolle. Vermieden werden muss, dass Mobilität eines Studierenden zur Verlängerung seiner Studienzeit führt, weil Elemente des Studiums an der nächsten Universität nicht anerkannt werden. Gemeinsame deutsch-russische Studienprogramme, Partnerschaftsabkommen, Lehrstühle und Universitäten sollten genutzt werden, um zwei Diplome zwecks späterer Anerkennung im jeweiligen Land zu erreichen.  Eine Zertifizierung von Studienteilen oder des gesamten Studiums sollte angestrebt werden. Nachteilig wird sich auch die sehr frühe Spezialisierung der Studierenden auswirken. Die im Ingenieursstudium weiterhin gepflegte Ausbildung zum Spezialisten mit breitem Profil sollte wieder in allen Studienrichtungen Einzug halten.

2.2 Im Hinblick auf den 300. Geburtstag von Immanuel Kant im Jahre 2024 wird die AG sich an den Vorbereitungen mit der Initiierung von Vorlaufveranstaltungen und durch Unterstützung der Hauptveranstaltung engagieren. Die AG wird dazu gemeinsam mit der Baltischen Föderalen Immanuel-Kant-Universität in Kaliningrad und den europäischen Kant-Gesellschaften Vorschläge zu Veranstaltungen unterbreiten. Der Gedanke der Schaffung eines Kant-Preises für eine politisch bedeutende, sich für den europäischen Frieden einsetzende Persönlichkeit wird unterstützt. Zu begrüßen wäre eine kommentierte Überarbeitung und Schaffung einer deutschen und einer russischen Kant-Gesamtausgabe.

2.3 Das Erlernen und Pflegen der russischen Sprache in Deutschland und der deutschen in Russland ist seit Beginn der Arbeitsgruppe deren besonderes Anliegen. Verstärkt werden sollten die Anstrengungen, Schüler und deren Eltern zu motivieren, die jeweilige Sprache als zusätzliche, ggf. dritte Fremdsprache auch entgegen den Modetrends zu erlernen. Ein realistisches Russlandbild wäre dabei sicherlich hilfreich. Das Russo-Mobil, Wettbewerbe, SpieleClubs, Russischolympiaden – wie z.B. die alle drei Jahre auf Bundesebene stattfindende -, Preise und anderes sollten die Russischlernenden motivieren. Entgegengewirkt werden muss der Reduzierung der Ausbildungs- und Forschungsstätten zur russischen Sprache, Literatur, Kultur und Wirtschaft in Deutschland.

2.4 Die Arbeitsgruppe wird Veranstaltungen zum Thema Wechselwirkungen zwischen Natur- und Geisteswissenschaften unterstützen, wie diese vom Kurtschatov-Institut vorgeschlagen wurden und entsprechende deutsche Partner benennen. Dabei sollen die Bereiche Biomedizin und Biotechnologie einbezogen werden.

2.5 Im Bereich der Rechtszusammenarbeit wird die AG die bisherigen Aktivitäten, insbesondere im Zivil- und Wirtschaftsrecht sowie im Kommunalrecht fortsetzen. Die Förderung der Rechtstaatlichkeit ist ein wesentliches Element des zivilgesellschaftlichen Dialoges, wobei wissenschaftlich edierte Übersetzungen das Verständnis für die jeweils anderen Rechtsordnungen einem breiteren Personenkreis erschließen.

Gleiches gilt für den 2014 durch die AG erneut belebten Gedankenaustausch in völkerrechtlichen Fragen. Dabei werden auch weiterhin Fragen zu den Fundamenten des Völkerrechts sowie zur Bedeutung von Emotionen/Befindlichkeiten im Völkerrecht in die Betrachtung einbezogen werden. Hierbei wurde die Herausgabe der 2. (russisch-sprachigen) Auflage des deutschen Grundlagenwerkes zum Völkerrecht (Vitzthum u.a.) besonders gewürdigt.

2.6 Die AG unterstützt die wissenschaftlichen Vorhaben im gesellschaftlichen, insbesondere im kommunalen, regionalen Bereich sowie zu den Fragen der sozialen Menschenrechte, die sich besonders im Gesundheitswesen, in der Allgemeinbildung, der öffentlichen Daseinsvorsorge und in Existenzfragen wie Miete, Energierechnung und Lebensmittelpreis abbilden. Dabei wird den Fragen der Migration in beiden Ländern zunehmende Bedeutung zukommen. Deshalb unterstützt die Arbeitsgruppe die Einrichtung eines entsprechenden Forums, in das gegebenenfalls auch Experten aus anderen Staaten einbezogen werden sollen, um die interkulturellen Auswirkungen der Migration aus verschieden Blickwinkeln zu beleuchten. Hier wird auch dem Thema  der Einbeziehung klassischer christlicher Traditionen und der Werte des Islams Bedeutung zukommen. Soweit erforderlich soll hier die Zusammenarbeit mit anderen AGs des Petersburger Dialoges angestrebt werden.

2.7 Als wesentliches Element der der Zusammenarbeit wurden neben Diskussionsveranstaltungen vor allem Studienreisen und Hospitationen eingestuft. Deren finanzielle Absicherung wird durch die AG weiterhin unterstützt werden.

  1. Termine

Die Terminplanung wird auch  von den finanziellen Möglichkeiten der AG abhängen. Sobald hierzu Einzelheiten nach Abschluss der Haushaltsberatungen vorliegen, werden die beiden Vorsitzenden einen entsprechen Termin- und Veranstaltungsplan erstellen.

Als Termin für eine weitere Sitzung der Arbeitsgruppe soll die Zeit ab 22.04.2016 ins Auge gefasst werden. Tagungsort soll Kaliningrad sein.

Gez.: Prof. Dr. Wilfried Bergmann