Sitzung der AG Bildung, Wissenschaft und Gesundheitsvorsorge beim 8. Petersburger Dialog, St. Petersburg, 2. Oktober 2008

„Die Bedeutung von Bildung und Wissenschaft in Europa“

Koordinatoren:

Prof. Dr. Wilfried Bergmann, Stellvertretender Generalsekretär des DAAD, Mitglied des Lenkungsausschusses Petersburger Dialog

Prof. Dr. Ludmilla Werbizkaja, Rektorin der Staatlichen Universität St. Petersburg, Mitglied des Lenkungsausschusses Petersburger Dialog

Zwischenbilanz der bisherigen Arbeit

1. Mit großer Zufriedenheit nimmt die Arbeitsgruppe zur Kenntnis, dass sich die fachliche Zusammenarbeit, insbesondere im Bereich der angewandten Wissenschaft auf den Gebieten der Medizin und der Logistik deutlich erweitert haben. Die Maßnahmen, die in einem Programm „Modernisierungspartnerschaft“ unter dem Dach des Petersburger Dialogs zusammengeführt werden, entwickeln sich zu Eckpfeilern der deutsch-russischen fachlichen Kooperation.

1.1. Hierbei sind besonders hervorzuheben die Aktivitäten im medizinischen Bereich des Koch-Metschnikow-Forums (KMF). Die Arbeitsgruppe unterstützt die Ziele des KMF, insbesondere

1. die deutliche Ausweitung der Einrichtungen, die aus beiden Staaten miteinander kooperieren mit dem Ziel, weitere medizinische Kompetenzzentren aufzubauen;
2. die deutliche Erweiterung der Austausch- und Weiterbildungsprogramme für Nachwuchswissenschaftler, Ärzte, Studenten, medizinische Personal und Praktikanten;
3. verstärkte Organisation, gemeinsame Ringvorlesungen, Kongresse und Summer Schools, auch mit dem Ziel, gemeinsame Aus- und Weiterbildungeinrichtungen (z.B. Hochschulen) aufzubauen;
4. die Förderung der Partnersprachen durch fachspezifische Sprachkurse, wie zum Beispiel an der Metschnikow-Akademie in St. Petersburg.

1.2 Die Fachgruppe unterstützt die Weiterführung der Aktivitäten des deutsch-russischen Rohstoffforums im Interesse der Steigerung der Rohstoffeffizienz.

1.3 Zustimmend nimmt die Arbeitsgruppe den Bericht der Technischen Universität München und der Moskauer staatlichen Baumann Universität zur Kenntnis, das „Deutsch-russische Institut für Wissenschaft und Technologie“ (GRIST) mit dem Ziel weiter zu entwickeln, dass neben der geplanten Bildungszusammenarbeit in Moskau diese auf den Standort Kaluga ausgedehnt wird. Die Arbeitsgruppe bittet die zuständigen Stellen in beiden Staaten die von den beiden Hochschulen verabredete Kooperation beim Aufbau einer technischen Eliteuniversität auf russischem Boden nachdrücklich zu unterstützen.

1.4 Die Arbeitsgruppe nahm mit großem Interesse den Bericht der Sektion Logistik/Supply Chain Management zur Kenntnis, dem zu Folge die Zusammenarbeit zwischen der European Business School (EBS) und der Moskauer Staatsuniversität zu einem ersten Ausbildungsprogramm geführt hat und erweitert werden soll. Dabei wird die European Business School (EBS) in 2009 den dritten Studentenjahrgang im „MBA in Logistics“ begrüßen. Diesen Studiengang führt die EBS, mit Unterstützung des DAAD, in Kooperation mit der GSBA der Moskauer Staatlichen Universität (MSU) durch. Der erste Jahrgang ist im Frühjahr 2007 mit 24 Teilnehmern, die durchschnittlich 11 Jahre Berufserfahrung hatten, erfolgreich gestartet.
In 2009 wird das Kompetenzzentrum mit DHL zur Zukunft des russischen Expressmarktes mit einer Studie abgeschlossen. Eine weitere Studie der EBS zu Strategien von Logistikdienstleistern in Russland wird ebenfalls in 2009 erscheinen.

Vergleichbare Programme sollen mit der Staatsuniversität St. Petersburg und die Hochschule für Transport- und Eisenbahnwesen in St. Petersburg entwickelt und durchgeführt werden.

2. Die Arbeitsgruppe begrüßt, dass zwischen dem russischen Wirtschafts-ministerium, dem Ostausschuss der deutschen Wirtschaft, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und der Gesellschaft für internationale Weiterbildung und Entwicklung (InWEnt) die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Ingenieurweiterbildung nach der im Jahre 2007 erfolgreich durchgeführten Pilotmaßnahme fortgeführt werden wird. Damit könnte das Programm zu einem längerfristig konzipierten Weiterbildungsprojekt, das Studium und Praxis verbindet, entwickelt werden.

3. Die Arbeitsgruppe war erfreut über den Bericht von Herrn Dr. von Ploetz
(Stiftung Deutsch-Russischer Jugendsaustausch), der die vielfältigen Aktivitäten
der Stiftung aufzeigte: Die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch blickt,
zusammen mit ihrer russischen Partnerorganisation, auf zwei arbeitsreiche und
erfolgreiche Jahre seit ihrer Gründung zurück:

– Die Teilnehmerzahlen am Schüleraustausch konnten 2007 gegenüber 2006 vervierfacht werden und steigen 2008 weiter.
– Im ausserschulischen Austausch wurde eine beachtliche Steigerungsrate von 21 % erzielt.
– Der berufliche Austausch – Neuland für die Stiftung – kann beginnen, sobald Fördermittel zur Verfügung stehen. Die „Nachfrage“ ist groß.
– Die deutsch-russischen Jugendparlamente, im guten Sinn des Wortes „Schulen der Zivilgesellschaft“, die zusammen mit dem Petersburger Dialog stattfinden, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.

Die Tatsache, dass inzwischen mehr als 15.000 Teilnehmer am Schüler- und Jugendaustausch gezählt wurden, vermittelt eine wichtige und ermutigende politische Botschaft: Die Jugend beider Länder lässt sich von den vielen noch lebendigen Stereotypen nicht beeindrucken. Immer mehr Jugendliche wollen sich ein eigenes Bild machen. Sie erkennen auch, dass Deutschkenntnisse für junge Russen und Russischkenntnisse für junge Deutsche einen wichtigen Vorteil im immer internationaleren Wettbewerb um gute Arbeitsplätze darstellen.

Beratungsgegenstände der Arbeitsgruppe

1. Themen von fachübergreifender Bedeutung
Neben den bereits im Abschnitt „Zwischenbilanz“ genannten Aktivitäten konzentrierte sich die Diskussion auf folgende weitere Punkte:

1.1. Modernisierungspartnerschaft
Die vom Bundesaußenminister Steinmeier in seiner Jekaterinburger Rede im Mai 2008 ins Leben gerufene und von russischer Seite unterstütze „Modernisierungspartnerschaft“ zeigt deutliche Konturen in den Bereichen Gesundheit, Rohstoffeffizienz, Logistik und Rechtsstaatlichkeit. Die Arbeitsgruppe nahm mit Interesse die Berichte aus allen vier Bereichen zur Kenntnis und diskutierte die avisierten Programme.

Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass die Vorsitzenden der Lenkungsausschüsse des Petersburger Dialogs eine Vereinbarung zur Umsetzung der Modernisierungspartnerschaft während der Tagung abgeschlossen haben, um damit dem Programm einen institutionellen Rahmen zu geben. Parallel dazu werden bei den Regierungskonsultationen bereits erste Ressortvereinbarungen in Form von Aktionsprogrammen und Maßnahmenkatalogen beschlossen werden, die das Programm mit Leben füllen.

1.2. Förderung der Sprache
Die Förderung und Vertiefung der Kenntnis der Partnersprache bleibt unverändert von grundlegender Bedeutung für die weitere Zusammenarbeit sowie für die wechselseitige emotionale und kulturelle Verbundenheit. Die Arbeitsgruppe bittet deshalb alle in diesem Bereich Tätigen sich für die Förderung der Sprachkompetenz, auch bei Fachsprachen, im akademischen Bereich beider Länder einzusetzen. Die Arbeitsgruppe dankt dem deutschen Russischlehrer-Verband und dem russischen Deutschlehrer-Verband für seine wichtige Unterstützung zur Fortführung der Zusammenarbeit. Dabei sind besonders erwähnenswert die in 2009 geplante 11. Bundesolympiade Russisch in Stuttgart und die Pläne eine Deutscholympiade in der Russischen Föderation durchzuführen.

1.3. Zusammenarbeit in der Aus- und Weiterbildung sowie im Bereich der Wissenschaft Die Arbeitsgruppe begrüßte es, dass in verschiedenen Bereichen deutliche Steigerungen Aktivitäten in der Aus- und Weiterbildung verzeichnet werden konnten. Besonders erwähnenswert sind dabei die erweiterten Maßnahmen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD ) im Bereich der Zusammenarbeit deutscher und russischer Hochschulen. Wenn Russland ab September 2009 flächendeckend Hochschulabschlüsse nach dem Bologna-Modell eingeführt werden, ergeben sich neue Chancen für Kooperation und Austausch, die auch der bislang unausgeglichenen deutsch-russischen Austauschbilanz zugute kommen sollten. Der DAAD unterstützt diese Entwicklung aktiv – etwa im Rahmen seines Förderprogramms „Integrierte Internationale Studiengänge mit Doppelabschluss“, wo 2008 zwölf neue Projekte für Studiengänge mit deutsch-russischem Doppelabschluss bewilligt wurden.

Darüber hinaus strebt der DAAD den Ausbau seiner Matching-Funds-Programme mit der russischen Regierung an, wie sie seit 2004 mit dem russischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft (Michail-Lomonosov-Programm und Immanuel-Kant-Programm) bestehen; insbesondere sollen neue gemeinsame Programme mit russischen Gebietskörperschaften (z.B. Tatarstan, Tschetschenien) vereinbart werden.

Die Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (InWEnt) wird auch 2009 die Zusammenarbeit bei der Fortbildung von russischen Managern fortsetzen. Rund 300 Teilnehmer vor allem aus den russischen Regionen werden die Möglichkeit für ein Praktikum in Deutschland erhalten. Das Programm ist zu einem stabilen und soliden Baustein für die gute Zusammenarbeit beider Länder geworden. Seit 2007 können auch deutsche Fach- und Führungskräfte Praktika in russischen Unternehmen absolvieren. Dies ist eine neue Stufe der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern. Darüber hinaus werden die Aktivitäten zur Unterstützung der Reform des russischen Berufsbildungssystems und Umsetzung des nationalen prioritären Projekts „Bildung“ fortgeführt.

Auch im Bereich der Wissenschaft ist erfreulicherweise eine deutliche Steigerung der Zusammenarbeit zu verzeichnen, insbesondere infolge der Aktivitäten der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Helmholtz-Gemeinschaft.

Die Arbeitsgruppe begrüßte den Vorschlag durch „Häuser der Deutschen Bildung, Wissenschaft und Innovation“ die Zusammenarbeit in diesem Bereich sichtbarer zu machen und neue, auch fachübergreifende Impulse zu geben.

1.4. Benutzung akademischer Grade
Die Arbeitsgruppe empfindet es als diskriminierend, dass der „kleine Doktortitel“, der im russischen „Kandidat Nauk“ genannt wird in Deutschland regelmäßig nur in der lateinischen Umschreibung als „Kandidat Nauk (RF)“ geführt werden darf. Dies stellt eine erhebliche Diskriminierung der russischen Nachwuchswissenschaftler dar. Die Arbeitsgruppe empfiehlt deshalb den russischen staatlichen Einrichtungen und Universitäten künftig ihre Urkunden dahingehend zu ändern, dass in der Urkunde folgender Text aufgenommen wird: „Kandidat Nauk (Doktor für …)“.

2. Beratung über weitere einzelne Projekte

2.1 Aktivitäten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Die DFG fördert gemeinsam mit der Russischen Stiftung für Grundlagenforschung (RFFI) und der Russischen Stiftung für die Geistes- und Sozialwissenschaften (RGNF) zur Zeit ca. 200 Kooperationsprojekte in allen Wissenschaftsbereichen; hinzu kommen Kooperationen im Rahmen von DFG-geförderten Forschungsverbünden, bilaterale Konferenzen sowie zahlreiche kooperationsvorbereitende Maßnahmen.

Einen der thematischen Schwerpunkte für 2009 bilden die Geowissenschaften. Hier sind in Kooperation mit der Abteilung Geowissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAN) eine Delegationsreise hochrangiger deutscher Geologen nach Russland sowie ein anschließender Gegenbesuch geplant, um insbesondere die Kooperation zwischen russischen Forschungseinrichtungen und deutschen Universitäten neu zu beleben. Als Ergebnis eines von der DFG im August 2008 geförderten Workshops in Irkutsk sind zur Zeit mehrere neue Forschungsprojekte im Bereich der Bodenkunde und der Lymnologie in Vorbereitung. Auch in den Ingenieurwissenschaften unterstützt die DFG einen Ausbau der Kooperation: Auf ein erfolgreiches Rundgespräch im April 2008 in Berlin soll eine ausführliche Reise deutscher Wissenschaftler u.a. nach St. Petersburg und Novosibirsk folgen, um konkrete Kooperationen vorzubereiten. Schließlich wird die Umsetzung eines Memorandums, das zum Abschluss einer Delegationsreise deutscher Chemiker in Russland zwischen dem Fachforum Chemie der DFG und der Abteilung Chemie der RAN abgeschlossen wurde, eine deutliche Intensivierung der Kooperation auch im Bereich der Chemie bewirken. Um die weitere Entwicklung der erfolgreich angelaufenen Zusammenarbeit im Bereich der Geistes- und Sozialwissenschaften zu befördern, ist für das nächste Frühjahr ein Workshop mit RGNF zu Fragen der gemeinsamen Begutachtung von Kooperationsanträgen geplant.

Ein strukturelles Ziel der DFG ist es, auf Basis der intensiven Kooperation im Rahmen von Einzelprojekten auch die Zusammenarbeit in DFG-geförderten Forschungsverbünden zu intensivieren, etwa im Rahmen deutsch-russischer Graduiertenkollegs, die seit 2007 mit RFFI gefördert werden, sowie der übrigen koordinierten Verfahren der DFG (z.B. Sonderforschungsbereiche, Forschergruppen, Schwerpunktprogramme).

Um gemeinsam die Modernisierung der Wissenschaftssysteme voranzutreiben, haben die Präsidenten der DFG, der Helmholtz-Gemeinschaft und der RAN im Juni 2008 beschlossen, im Jahre 2009 einen hochrangig besetzten Dialog zu den Themen gemeinsame Nachwuchsförderung, internationale Begutachtung und Vernetzung der außeruniversitären Forschungseinrichtungen mit den Universitäten zu führen.

Ziel der DFG ist es schließlich auch, gemeinsam mit den russischen Partnern die Sichtbarkeit deutsch-russischer wissenschaftlicher Kooperation auch auf europäischer Ebene zu erhöhen. Nach der erfolgreichen Präsentation DFG-geförderter deutsch-russischer Kooperation im Europäischen Parlament im letzten Jahr plant die DFG für das nächste Jahr nun eine Veranstaltung zum European Research Council in Moskau, um konkrete Partnerschaften zwischen deutschen und russischen Forschungseinrichtungen und Wissenschaftlern zu vermitteln und dazu beizutragen, im Interesse des Wissenschaftsstandortes Deutschland die Integration Russlands in den Europäischen Forschungsraum weiter zu befördern.

Um die interessierte deutsche Fachöffentlichkeit über das große wissenschaftliche Potential Russlands – sowohl in Moskau und St. Petersburg als auch den Regionen – zu informieren, trägt die DFG gemeinsam mit der Helmholtz-Gemeinschaft zur Gestaltung des Programms einer für das Frühjahr 2009 geplanten Russlandreise deutscher Fachjournalisten im Rahmen der Wissenschaftspressekonferenz bei.

2.2 Aktivitäten der Helmholtz-Gemeinschaft
Die Helmholtz-Gemeinschaft fördert seit Januar 2008 gemeinsam mit dem Russischen Fonds für Grundlagenforschung acht Helmholtz-Russia Joint Research Groups (HRJRG). Am 15. Oktober 2008 werden in einer weiteren Auswahlsitzung weitere sechs Gruppen zur Förderung ausgelobt. Jede Gruppe erhält über einen Förderzeitraum von drei Jahren ein jährliches Budget von bis zu 150 TEUR.

Um die Zusammenarbeit mit Russland im Bereich der Lebenswissenschaften weiter zu stärken, hat die Helmholtz-Gemeinschaft mit Unterstützung des Internationalen Büro des BMBF im Februar 2008 einen Workshop zum Thema Systembiologie in Moskau veranstaltet, an dem mehr als 90 Spezialisten aus Russland und Deutschland teilgenommen haben.

Die Verhandlungen zu den russischen Beteiligungen an den deutschen Grossforschungsanlagen „European XFEL“ am Deutschen Elektronensynchrotron (DESY) in Hamburg und „FAIR“ an der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt in Höhe von 250 respektive 180 Mio EUR sind nahezu abgeschlossen, die Umsetzung der Massnahmen wird in den nächsten 3-6 Monaten erwartet.

Im Juni 2008 wurde das FAIR-Russia Research Centre (FRRC) auf dem Territorium des ITEP in Moskau feierlich eröffnet. Das FRRC wird mit ca. 2.5 Mio EUR gemeinsam von der Russischen Agentur für Atomenergie (ROSTAM) und der Helmholtz Gemeinschaft finanziert. Mit Beginn des 4. Quartals 2008 werden die ersten russischen Nachwuchswissenschaftler auf der Basis des FRRC Stipendien erhalten, um an der Forschung und Entwicklung von wissenschaftlichen Geräten für den zukünftigen internationalen Ionenbeschleuniger FAIR teilzunehmen.

Im Juni 2008 haben die Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft und der Deutschen Forschungsgemeinschaft in einem Gespräch mit dem Präsidenten der Russischen Akademie der Wissenschaften vereinbart, in der näheren Zukunft einen hochrangig besetzten Dialog zu den Themen Nachwuchsförderung, internationale Begutachtung und Vernetzung der außer universitären Forschungseinrichtungen mit den Universitäten, zu beginnen.

Dank maßgeblicher Unterstützung der Fernöstlichen Abteilung der Russischen Akademie der Wissenschaften könnte die Ausrüstung für die vom Internationalen Kontinentalen Bohrprogramm (ICDP) geplante Bohrung im Kratersee El’Gygytgyn im Hafen von Wladiwostok verzollt und in die Region Tschukotka verschifft werden.

Die für das Frühjahr 2009 angesetzte Bohrung wird unter Beteiligung des Alfred-Wegener Instituts für Polar und Meeresforschung (AWI) und des Helmholtz-Zentrums Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) durchgeführt.

Um die interessierte deutsche Fachöffentlichkeit über das große wissenschaftliche Potential Russlands – sowohl in Moskau und St. Petersburg als auch den Regionen – zu informieren, tragen die Außenstellen der Helmholtz-Gemeinschaft und der DFG zur Gestaltung des Programms einer für das Frühjahr 2009 geplanten Russlandreise deutscher Fachjournalisten im Rahmen der Wissenschaftspressekonferenz bei.

Das AWI plant gemeinsam mit europäischen Partnern den Bau eines neuen Forschungseisbrechers mit Bohrkapazität. Eine Beteiligung Russlands im von der Europaeischen Union geförderten ERICON Konsortium zum Bau und Betrieb von AURORA BOREALIS wird für die nahe Zukunft angestrebt.

2.3 Maßnahmenkatalog Gesundheitsvorsorge
Der Vorsitzende des Koch-Metschnikow-Forums (KMF), Prof. Dr. Hahn, und der Rektor der Metschnikow-Akademie St. Petersburg, Prof. Dr. Shabrov berichteten über die zahlreichen durchgeführten und geplanten Maßnahmen in Bereich der Gesundheitsvor- und fürsorge. Diese betreffen insbesondere die Bekämpfung sozial relevanter Infektion, wie Tuberkulose, Hepatitis, HIV u.a., die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Suchtkrankheiten, die Erweiterung der Zusammenarbeit zum Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind sowie im Bereich von e-Health/Telematik in der Medizin. In allen Bereichen werden sowohl Seminare und Tagungen und Aus- und Weiter-bildungsmaßnahmen durch Austausch von Ärzten und medizinischen Personal durchgeführt werden. Die Einzelheiten ergeben sich aus den Programmübersichten des KMF Berlin sowie aus dem vierteljährlich erscheinenden KMF-Journal.

2.4 Zusammenarbeit im rechtlichen Bereich
Deutschland und Russland arbeiten auf Grund verschiedener Vereinbarungen und Absprachen im Bereich der Ausbildung in juristischen Berufen, der Fortentwicklung des Rechtssystems und der Schulung von Juristen zusammen.

Im Bereich der Ausbildung gibt es unter Federführung des DAAD, in Zusammenarbeit mit dem Verband der Deutschen Wirtschaft in der Russischen Föderation ein Doppeldiplomprogramm zwischen dem Institut für Staat und Recht (Akademische Rechtsuniversität) und der Universität Münster/West., im Rahmen des Deutsch-Russischen Rechtszentrums, das aus AA-Mitteln zwischen beiden Einrichtungen eingerichtet wurde und in seiner 6jährigen Laufzeit ca. 80 Doppeldiplome (2008: bisher 13) vergeben hat. Weiter gibt es gemeinsame Studiengänge zwischen der Moskauer Staatsuniversität/Universität Regensburg, der Universität Krasnojarsk/ Universität Krasnojarsk/Universität Passau und der Universität St. Petersburg/Universität Hamburg.

Im Zuge dieser Zusammenarbeit sind vorwiegend aus Mitteln des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, zahlreiche Gesetze (u.a. GrundG, BGB, HandelsG, AktienG, GmbHG, ZPO, StrafGB, StrafprozeßO, VerwaltungsverfG, VerwaltungsgerichteO jeweils mit Einführungs- und NebenG) übersetzt worden und in Russland publiziert worden. Zudem wurden Monographien zu Grundlagen des Zivil- und Handelsrechtes, des Wirtschaftsverwaltungsrechtes, der Rechtsförmlichkeit und des Europäischen Gesellschaftsrechtes übersetzt , um auf diesem Weise die beschriebenen Ausbildungsmassnahmen mit russisch-sprachiger Fachliteratur zu unterlegen. Auf Grund eines Protokolls über die Zusammenarbeit zwischen den beiden (föderalen) Justizministerien werden einzelne, meist sehr kurzfristige Schulungsmaßnahmen durch die IRZ-Stiftung durchgeführt.
Die Arbeitsgruppe erachtet deshalb folgende Maßnahmen für dringlich:

a) Gesetzgebungsberatung
Notwendig ist der Auf- und Ausbau der Gesetzgebungsberatung, um dem Wunsch der russischen Seite nach Anpassung zahlreicher normativer Akte an das internationale, insbesondere europäische Recht zu sichern.

Hierzu gehören neben der Anpassung des Bürgerlichen Rechtes insbesondere der Aufbau eines Wirtschaftsverwaltungsrechtssystemes, einschließlich des entsprechenden Rechtsschutzes, die Verbesserung des Verbraucherschutzes in zahlreichen Bereichen, die Verbesserung des Verbraucherschutzes in zahlreichen Bereichen, die Kredit- und Einlagensicherung, der Aufbau eines effizienten Medizin- und Versicherungsrechtes, die Heranführung des Gesellschaftsrechtes an das europäische Recht, die rechtliche Absicherung ökologischer Entscheidungen sowie die Verbesserung der Konfliktvermeidungsmechanismen, z.B. im Bereich der Energie- und Rohstoffrechtes.

b) Rechtswissenschaft, Aus- und Weiterbildung
Im Bereich der rechtswissenschaftlichen Zusammenarbeit sollten die erwähnten Maßnahmen ausgeweitet und um folgendes ergänzt werden:

– Weiterentwicklung des derzeitigen, vom Auswärtigen Amt/DAAD geförderten Deutsch-Russischen Rechtszentrums, das vom Institut für Staat und Recht der Russischen Akademie der Wissenschaften und der Universitäten Münster federführend getragen wird, zu einem „Deutsch-Russischen Kompetenzzentrum Rechtswissenschaft“ mit folgenden zum Teil neuen Aufgaben:
= Fortbildung qualifizierter Juristen für die rechtliche, politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und akademische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern,
= Erweiterung der Promotionsprogramme, insbesondere zu deutschland- und europabezogenen Fragestellungen,
= Train-the-Trainer-Programme für Nachwuchswissenschaftler, insbesondere in Rechtsmethodik, internationalen und europäischen Recht, zur Förderung des Hochschullehrernachwuchses,
= Schulungsprogramme der einschlägig tätigen Mitarbeiter der Gesetzgebungsorgane, insbesondere in Rechtsförmlichkeit und der Methodik der Gesetzeserarbeitung,
= Erarbeitung von wissenschaftlicher Literatur und Übersetzungen, insbesondere im Bereich der rechtssprechungsorientierten Kommentarliteratur,
= Hospitationen von Nachwuchswissenschaftlern an Hochschulen in anderen Staat und Justizeinrichtungen,
= Einrichtung eines Referenz- und Dokumentationszentrums für Deutschland- und Europastudien für Rechtsfragen, insbesondere durch Anbindung an die existierenden Fachinformationssysteme,
= Mitwirkung bei der Rechtsberatung, insbesondere bei der Fortentwicklung der russischen Rechtsordnung,
= Verknüpfung der Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum für Privatrecht beim Präsidenten der Russischen Föderation, der Juristischen Fakultät der Universität St. Petersburg und anderer führender rechtswissenschaftlicher Einrichtungen mit den entsprechenden deutschen Rechtsinstituten, insbesondere bei der Fortentwicklung des Zivil- und Gesellschaftsrechtes und durch Fachkonferenzen.

c) Vorrangige Ziele
Im Rahmen der Modernisierungspartnerschaft sollten neben der Förderung der bilateralen rechtlichen Zusammenarbeit im Vordergrund folgende Ziele stehen:
– Unterstützung des von Präsident Medwedjew angekündigten Prozesses der Weiterentwicklung der Rechtsstaatlichkeit,
– Entwicklung gemeinsamer Qualitätsstandards im Rechtsbereich,
– Verstärkung der rechtlichen Zusammenarbeit der Gerichte, Rechtsanwälte und Unternehmen,
– Beiträge zur Fortentwicklung des internationalen Rechtes und des Zivil- und Handelsrechtes

2.5 Zusammenarbeit im Bereich der Rohstoffeffizienz
Das im Oktober 2006 im Beisein von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und dem damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin im Rahmen des Petersburger Dialoges gegründete Deutsch-Russische Rohstoff-Forum hat sich in den vergangenen Monaten weiter gefestigt. Dabei konnten weitere hochrangige Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft für eine Mitarbeit gewonnen. Zudem wird das Rohstoff-Forum durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und die Deutsche Energie-Agentur (Dena) unterstützt, die Repräsentanten in dessen Lenkungskreis entsenden.

Die Zielorientierung der Bündelung innovativer wissenschaftlicher Forschungs- und Produktionsressourcen sowie der Entwicklung von Strategien zur effektiveren Nutzung fossiler, mineralogischer und alternativer Rohstoffressourcen wurde durch die Gründung einer Arbeitsgruppe Energiepolitik um eine weitere Komponente ergänzt. Dies dient der Stärkung der Tätigkeit des Rohstoff-Forums als kommunikative Dialogplattform und als Frühindikator für die Beeinträchtigung von Energiesicherheit und Rohstoffversorgung.

Im Jahr 2009 werden auf Grundlage einer durch die Technische Universität Bergakademie Freiberg erstellten Studie zu den deutsch-russischen Rohstoffbeziehungen sowohl eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit durch eigene Konferenzen und der Teilnahme an Rohstoffmessen als auch die Forschungstätigkeit auf den Feldern Energieversorgungseffizienz, Klimabeeinträchtigung und Optimierung von Transportwegen auf der Agenda stehen. Hinzu kommt die Erarbeitung von politisch-rechtlichen Grundlagen zur Implementierung einer internationalen Schlichtungsinstanz im Rohstoffbereich.

gez.: Prof. Dr. Ludmilla Werbizkaja, Prof. Dr. Wilfried Bergmann