Sitzung der AG Medien beim 14. Petersburger Dialog in Potsdam, 22.-24. Oktober 2015

In der AG-Medien war das Thema „Veränderung der Medien im digitalen Zeitalter“ geschickt gewählt, weil es die Möglichkeit bot, gemeinsame Probleme und Herausforderungen ebenso zu diskutieren wie auch kritische Themen, sei es die russische Staatspropaganda, den Einsatz von bezahlten Trollen oder Probleme der Auslandsberichterstattung.

Dank des guten Gesprächsklimas unter der Leitung des Leiters der AG-Medien, MDR-Hörfunkdirektor Johann Michael Möller, gab es interessante Vorträge und eine angeregte Debatte. Sie wurde leider später im Plenum vom russischen Koordinator, dem ersten stellvertretenden Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Föderationsrat, Witali Ignatenko, nur unzureichend wiedergegeben.

Dabei hatten der ARD-Korrespondent, Hermann Krause, und ZDF-Sonderkorrespondent, Dietmar Schumann, von ihren frischen Erfahrungen aus Russland berichtet. Schumann hatte gerade mit einem ZDF-Team eine St. Petersburger Trollfabrik besucht und Krause schilderte die schwierigen Arbeitsbedingungen der Moskauer Korrespondenten und die beunruhigenden Anfeindungen über die sozialen Medien. Gesprochen wurde auch über den „Informationskrieg“ und die Frage gestellt, warum auf russischer Seite so viel Steuergeld darauf verwandt wird, gezielt Propagandamedien zu schaffen, die den Westen diskreditieren und bewusst Lügen verbreiten. Die russische Seite kritisierte, dass deutsche Medien angeblich ein sehr einseitiges Russlandbild verbreiteten.

Sehr interessant waren Äußerungen von Leonid Mletschin, Direktor für historisch-publizistische Programme, der einräumte, dass es in Russland aus seiner Sicht einen Niedergang in der Qualität der öffentlichen Debatten gebe, die auch mit der Zeitungskrise zusammenhänge. Es fehle an Intellektuellen, die zur gesellschaftlichen Analyse berufen seien und diese kenntnisreich in der Öffentlichkeit verbreiten könnten. Mit Blick auf die Ukraine sei ihm selbst das Ausmaß an Unwissen deutlich geworden, als er bei einer Reise in die Ukraine einen Buchladen besuchte und sich im ersten Stock des Geschäftes mit der Fülle an ukrainischer Literatur konfrontiert sah. Es habe ihn nicht nur beschäftigt, dass er das alles wegen mangelnder Sprachkenntnisse nicht lesen konnte, sondern ihm sei vor allem daran deutlich geworden, wie wenig man in Russland über die Ukraine wisse und an ihrer gesellschaftlichen Debatte teilhabe.

Leider sind in der AG-Medien zu wenige junge Journalisten vertreten, es fehlt an Frauen und auf deutscher Seite war der öffentlich-rechtliche Rundfunk diesmal überpräsentiert. Auf russischer Seite sind echte Medienvertreter wie der Chefredakteur des „MoskowskiKomsomolez“, Pawel Gussjew oder der Generaldirektor von Itar-Tass, Michail Gusman bislang in der Minderheit.
In Potsdam tagte die AG nur von 9.30 bis 13 Uhr mit einer halben Stunden Kaffeepause, sodass zu wenig Zeit für die Diskussionen blieb. Die AG-Medien soll das nächste Mal in Wladimir tagen.

Von Gemma Pörzgen