Ausschreibung: Russlandreise für deutsche Theologiestudierende

Die Arbeitsgruppe „Kirchen in Europa“ des „Petersburger Dialogs“ lädt Theologiestudierende aus Deutschland ein, die Orthodoxe Kirche in Russland kennenzulernen. Zu dem Dachthema „Im Spannungsfeld von Tradition und Gegenwart. Kirchliches Leben und theologische Forschung in der Russischen Orthodoxen Kirche“ organisiert die Arbeitsgruppe vom 23. September bis 1. Oktober 2021 eine achttägige Studienreise in mehrere russische Städte.  Interessierte finden hier Genaueres zur Ausschreibung und zu den Bewerbungsmodalitäten (Bewerbungsfrist ist der 10. Juli 2021).

 

 

Digitale Studientagung der AG „Kirchen in Europa“ am 24. Februar 2021

Nach gut anderthalbjähriger (coronabedingter) Pause traf sich am 24. Februar 2021 die Arbeitsgruppe „Kirchen in Europa“ des Petersburger Dialogs wieder zu einer Studientagung zum Thema „Die Corona-Pandemie und ihr Einfluss auf die Kirchen in Deutschland und Russland: Herausforderungen und Konsequenzen.“ Weiterlesen

Studienreise der AG Kirchen in Europa nach München, Erlangen und Berlin, 28. Oktober – 3. November 2019

14 junge Theologinnen und Theologen aus Moskau, St. Petersburg und Jekaterinburg nahmen an der alle zwei Jahre stattfindenden Studienreise russischer Theologiestudierender nach Deutschland vom 28. Oktober bis 3. November 2019 zum Thema „Religionsunterricht in Deutschland“ teil. Die Reise wurde organisiert von Dr. Johannes Oeldemann, Koordinator der Arbeitsgruppe Kirchen in Europa des Petersburger Dialogs von deutscher Seite.

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Sitzung der AG Kirchen in Europa beim 18. Petersburger Dialog, Bonn/Königswinter, 19. Juli 2019

Bei ihrer Sitzung im Rahmen der diesjährigen Plenarveranstaltung befasste sich die Arbeitsgruppe mit dem Thema „Der Dienst der Kirchen in Deutschland und Russland im Bereich der Krankenhausseelsorge“.

Im Anschluss an die letzte Fachtagung der Arbeitsgruppe „Kirchen in Europa“ des Petersburger Dialogs vom 3.-5. Juni 2019 in Moskau, welche sich mit der Militär-, Polizei- und Gefängnisseelsorge in Deutschland und in Russland befasst hatte, war die Sitzung der Arbeitsgruppe im Rahmen des 18. Petersburger Dialogs der Krankenhausseelsorge gewidmet. Bei seiner Einführung in dieses Thema wies der deutsche Koordinator der Arbeitsgruppe, Dr. Johannes Oeldemann, Direktor des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Pader­born, darauf hin, dass sich die Arbeitsgruppe traditionell mit Themen an den Schnittstellen von Kirche und Gesellschaft befasse. Die Krankenhausseelsorge nehme hierbei eine ganz besondere Stellung ein, sei doch der Besuch der Kranken und Gefangenen von Jesus im Gleichnis vom Weltgericht in Mt 25,36 ausdrücklich als Kennzeichen derer genannt worden, welche einst das Reich Gottes empfangen würden. Als Zeichen für die Bedeutung dieses Dienstes der Kirche spreche man in der orthodoxen Theologie seit den 70er Jahren auch von der „Liturgie nach der Liturgie“. Anders als in Deutschland sei jedoch in Russland Krankenhausseelsorge erst wieder seit der Wiedererlangung der Freiheit der Kirche Anfang der 90er Jahre möglich geworden.

In ihrem gemeinsam gehaltenen Referat schilderten Pater Prof. Dr. Franziskus Knoll OP von der Theologischen Fakultät der Hochschule Vallendar und Pastor Michael Brems, Leiter der Koordinierungsstelle für Krankenhausseelsorge in der Nordkirche und Mitglied des Vorstandes der Konferenz für Krankenhausseelsorge in der EKD, die biblischen Grundlagen, die rechtlichen Voraussetzungen, die Methoden und Aufgaben sowie die Entwicklung und die künftigen Herausforderungen der Krankenhausseelsorge. Krankenhausseelsorge sei Zuwendung zum Menschen, Beziehungsarbeit und professionelle Begleitung der Patienten, deren Angehörigen, aber auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Krankenhäusern, und zwar unabhängig davon, ob diese Mitglied einer christlichen Kirche sind oder nicht. In Deutschland seien in rund 2.000 Krankenhäusern rund 2.400 Seelsorgerinnen und Seelsorger im Auftrag der Kirchen tätig, die neben der konkreten seelsorgerlichen Arbeit teilweise auch  Fortbildungen für das Krankenhauspersonal anbieten. Manche Krankenhäuser refinanzieren zumindest einen Teil der Personalkosten der Seelsorge, und fast alle verfügen über eine Kapelle oder einen Meditationsraum. Rund ein Drittel der Krankenhäuser sei darüber hinaus in freier, gemeinnütziger Trägerschaft, wobei christliche Träger (Caritas, Diakonie) hierbei den größten Anteil ausmachen. Auf evangelischer Seite werde der Dienst in den Krankenhäusern überwiegend von ordinierten Pastorinnen und Pastoren wahrgenommen, auf katholischer Seite von Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten, aber auch von Priestern. Rechtlich sei die Krankenhausseelsorge durch Art. 4 und 140 GG in Verbindung mit Art. 141 der Weimarer Reichsverfassung sowie durch staatkirchenrechtliche Verträge auf Länderebene abgesichert. Die biblisch-theologischen Grundlagen der Krankenhausseelsorge machen deutlich, dass im Alten Testament Krankheit überwiegend als Strafe Gottes verstanden wird, welche den Menschen in Anfechtung und Klage stürzt, während im Neuen Testament Heilung als Zuwendung Jesu zu den auf ihn hoffenden und vertrauenden Menschen gedeutet wird und als ein Zeichen des Anbruchs des Reiches Gottes gilt.

In Deutschland habe sich die pastorale Krankenseelsorge durch die Seelsorgebewegung seit den 60er Jahren zu einer partnerschaftlichen, auf Augenhöhe stattfindenden Seelsorge im Krankenhaus entwickelt. Dieser konfessionsübergreifende Paradigmenwechsel im Seelsorgeverständnis ging mit einer Modernisierung und Professionalisierung der Krankenhausseelsorge einher und führte zur Entstehung der Pastoralpsychologie als eigenständige theologische Disziplin und zur Etablierung der Klinischen Seelsorgeausbildung auch in Deutschland. Heute steht die katholische und evangelische Krankenhausseelsorge vor der Aufgabe, sich zu der sehr viel umfassenderen Spiritual-Care-Bewegung zu positionieren, welche sich eher auf die philosophische Anthropologie und den sehr viel weiter gefassten Begriff des „mental and spiritual well-being“ der Definition von Gesundheit in der Bangkok-Charta der WHO (2005) bezieht.

Diese Ausführungen der beiden Referenten wurden in ihrem Vortrag durch zwei eindrückliche Fallbeispiele aus der seelsorgerlichen Praxis ergänzt, welche anhand schwerster Krisensituationen im Krankenhausalltag die gesamte Bandbreite seelsorgerlichen Handelns deutlich machten: In dem einen Fall ging es um die von den Eltern gewünschte Nottaufe eines Frühchens, das keine Überlebenschancen hatte, und in dem anderen Fall um die langjährige seelsorgerliche Begleitung eines aufgrund eines Badeunfalls plötzlich querschnittgelähmten Jugendlichen, angefangen von einem schlichten Mitaushalten der Untröstlichkeit der Situation am Krankenbett bis hin zur allmählichen Reintegration des Patienten in den Alltag. Im Hinblick auf die Zukunft der Krankenhausseelsorge in Deutschland wurde von den Referenten auf die Problematik abnehmender personeller aber auch finanzieller Ressourcen hingewiesen. Weitere Herausforderungen für die Zukunft seien die kontinuierliche Weiterbildung der Seelsorgerinnen und Seelsorger in wissenschaftlich-psychologischen Arbeitsmethoden sowie die Notwendigkeit einer Intensivierung der Zusammenarbeit mit der muslimischen Krankenhausseelsorge, was jedoch aufgrund der auf muslimischer Seite fehlenden übergeordneten Organisationsstruktur und des fehlenden hauptberuflichen Seelsorgepersonals nicht einfach sei.

Im Anschluss daran referierte Olga J. Jegerowa, Leiterin des Zentrums für palliative Hilfe der St. Dimitri-Schwesternschaft in Moskau, über die Situation und Struktur der Krankenhausseelsorge in Russland. Eingangs machte sie anhand der niedrigen Anzahl Krankenhauskapellen auf die im Vergleich zu Deutschland sehr viel schwierigere Situation der kirchlichen Präsenz in den Krankenhäusern aufmerksam: Nur rund 300 der über 5.300 Krankenhäuser in Russland verfügten bislang über eine Kapelle oder einen für Gottesdienste benutzbaren Raum. An dem Krankenhaus, an dem sie selbst tätig sei, dem auf Infektions­krankheiten spezialisierten Krankenhaus Nr. 2 in Moskau mit ca. 900 Betten, existiere jedoch seit 2016 eine eigene orthodoxe Kapelle, in welcher zweimal in der Woche eine Göttliche Liturgie gefeiert wird und Totenandachten gehalten werden. Neben diesem genuin priesterlichen Dienst, der von den lokalen Gemeindepriestern mit übernommen wird, werde die eigentliche Krankenhausseelsorge in Russland überwiegend von orthodoxen „Schwestern der Barmherzigkeit“ geleistet. Rechtliche Grundlage dieser Tätigkeit sei eine Vereinbarung zwischen der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) und dem russischen Gesundheitsministerium von 1993 sowie das Statut der ROK über Bruderschaften und Schwesternschaften. Die Barmherzigkeitsschwestern sind jedoch nicht bei den Krankenhäusern angestellt, sondern finanzieren ihre Arbeit überwiegend aus Mitteln der ROK sowie durch Spenden von Privatpersonen. Dort, wo sie jedoch medizinische Leistungen im engeren Sinn erbringen, wird diese Arbeit aus den Mitteln der staatlichen Krankenversicherung refinanziert.

Am Moskauer Krankenhaus für Infektionskrankheiten Nr. 2 ist die 1991 gegründete St. Dimitrij-Schwesternschaft seelsorgerlich tätig. Der Versuch der Schwestern, ähnlich wie die evangelischen Diakonissen diesen caritativen Dienst in den Krankenhäusern mit einem kommunitären Leben zu verbinden, musste jedoch wieder aufgegeben werden, da viele der Schwestern verheiratet sind und eine Familie haben. Die St. Dimitrij-Schwesternschaft umfasst derzeit in ganz Russland ca. 200 verheiratete und unverheiratete Frauen, die teilweise auch über eine pflegerische oder medizinische Ausbildung verfügen. In den Krankenhäusern übernehmen sie in erster Linie jedoch jene Aufgaben, für die kein eigenes Personal zur Verfügung steht, d.h. einerseits soziale Dienste, wie die Besorgung von amtlichen Papieren, von Unterkunftsmöglichkeiten oder Rehabilitationsmaßnahmen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus und einfache Pflegeaufgaben, wie das Füttern oder Waschen der Patienten. Je nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten können ihnen auch durch die Krankenhausleitung medizinische Tätigkeiten im engeren Sinn übertragen werden. Ihre eigentliche Aufgabe sehen die Barmherzigkeitsschwestern jedoch nicht in dieser äußerlich-praktischen, sondern in der geistlich-spirituellen Hilfe. Durch eine spezielle Tracht sind sie sofort als orthodoxe Schwestern erkennbar. Während die Klinik für Infektionskrankheiten Nr. 2 auf die Behandlung von HIV-Patienten spezialisiert ist, sind die St. Dimitrij-Schwestern andernorts auch in der allgemeinmedizinischen Behandlung, im geriatrischen und palliativen Bereich oder auch in Entzugskliniken tätig. In der 1992 gegründeten staatlich finanzierten St. Dimitrij-Schule der Schwestern der Barmherzigkeit wurden bisher rund 1.800 Personen für den caritativen Dienst in Krankenhäusern, in Pflegeheimen und in der häuslichen Krankenpflege ausgebildet.

Jelena B. Lebedewa, Lehrkraft der St. Dimitrij-Schwesternschaft und Patronatsschwester am St. Alexij-Krankenhaus in Moskau, dem größten Orthodoxen Krankenhaus in Russland mit rund 200 Betten, berichtete über die Arbeit an den vergleichsweise wenigen kirchlichen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Neben dem St. Alexij-Krankenhaus in Moskau und dem St. Xenia-Krankenhaus in St. Petersburg gibt es noch sechs weitere kirchliche Krankenhäuser, rund 60 kirchliche geriatrische Pflegeeinrichtungen und einige Kinderheime. Träger dieser Einrichtungen sind die Eparchien oder einzelne Klöster und Gemeinden. Finanziert werden diese Einrichtungen durch das Patriarchat, die jeweiligen Träger vor Ort, durch Spenden sowie bei Erbringung von Leistungen für Krankenversicherte auch durch das staatliche Versicherungssystem. Die in diesen Einrichtungen tätigen Barmherzigkeits­schwestern werden bei ihrer Arbeit durch eine große Anzahl von ehrenamtlich Tätigen unterstützt, die seit 2018 am St. Alexij-Krankenhaus in Moskau hierfür geschult werden. Daneben gibt es ebenfalls seit 2018 spezielle Kurse für Priester und Diakone, die neben ihrem Dienst in den Gemeinden auch in Krankenhäusern und anderen caritativen Einrichtungen tätig sind.

An der Sitzung der Arbeitsgruppe nahm kurzzeitig als Gast auch der Abgeordnete der russischen Staatsduma, Jaroslaw J. Nilow, teil. Er ist Vorsitzender des Komitees der Staatsduma für Arbeit, Sozialpolitik und Angelegenheiten der Veteranen. In seinem Grußwort unterstrich er aus staatlicher Sicht die große Bedeutung des sozialen und caritativen Engagements der Orthodoxen Kirche in Russland.

In der sich an die Referate anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass zwar die Grundlage der kirchlichen Arbeit in der Krankenhausseelsorge in Russland und Deutschland dieselbe ist, dass aber die konkrete Situation und die damit verbundenen Herausforderungen sehr unterschiedlich sind. Während in Russland die Barmherzigkeitsschwestern Pionierarbeit leisten und zum Teil Aufgaben übernehmen, für die in Deutschland der Sozialdienst der Krankenhäuser und das fest angestellte Pflegepersonal zuständig wären, können sich in Deutschland die Krankenhausseelsorgerinnen und -seelsorger auf ihre pastoralpsycholo­gischen Kernaufgaben konzentrieren. Während in Deutschland die Krankenhausseelsorge durch bei den Kirchen fest angestellte, speziell für die Seelsorge ausgebildete Theologinnen und Theologen wahrgenommen wird, sind in Russland Pfarrer und Bischöfe lediglich für den liturgischen und sakramentalen Dienst im engeren Sinn zuständig sowie zum Teil auch für die Aufsicht über die in Krankenhäusern und Heimen geleistete caritative Arbeit. Zwar werden auch orthodoxe Seminaristen im Rahmen ihrer Ausbildung zu Priestern für einige Wochen in Krankenhäuser geschickt, doch hauptberuflich in Krankenhäusern tätige Pfarrer gibt es in Russland nicht.

Die christliche Seelsorge am Patienten wird somit in Russland bislang überwiegend von den Barmherzigkeitsschwestern geleistet. In vielerlei Hinsicht gleicht deren Tätigkeit derjenigen der Diakonissen in Deutschland, die ebenfalls schon allein durch ihre Tracht das christliche Profil ihrer Tätigkeit erkennen lassen. Teilweise haben evangelische Diakonissen auch in den ersten Jahren der wiedererlangten Freiheit nach 1990 an der Ausbildung von Barmherzigkeitsschwestern in Russland mitgewirkt. In der Person der heiliggesprochenen Großherzogin Elisabeth Fjodorowna aus dem Hause.

Hessen-Darmstadt, der Schwester der letzten Zarin, sind diese beiden Bewegungen auch unmittelbar miteinander verknüpft. Nach der Ermordung ihres Mannes gründete Elisabeth Fjodorowna 1909 in Moskau das Martha-und-Maria-Kloster der Barmherzigkeit und schuf nach dem Vorbild der deutschen Diakonissen in Russland eine Schwesternschaft, welche Gebet und Sozialarbeit miteinander verband und vornehmlich in der Krankenpflege und der Armenfürsorge tätig war.

Trotz der unterschiedlichen Struktur und Organisation der Krankenhausseelsorge in Deutschland und in Russland sind zweifellos die jeweils in unseren beiden Ländern in diesem Bereich Tätigen miteinander in ihrem Bemühen vereint, für die leidenden und kranken Menschen auch unter schwierigsten Bedingungen da zu sein, Licht in die Dunkelheit zu bringen und ein Zeugnis des christlichen Glaubens zu geben.

 

PD Dr. Reinhard Flogaus, Berlin

 

Tagung der AG Kirchen in Europa, Moskau, 3.-5. Juni 2019

Vom 3. bis 5. Juni 2019 kam die Arbeitsgruppe „Kirchen in Europa“ des Petersburger Dialogs in Moskau zu einer Fachtagung zusammen, bei der es um die Militär-, Polizei- und Gefängnisseelsorge in Deutschland und Russland ging.

Nach der Eröffnung der Tagung durch Archimandrit Filaret, den stellv. Vorsitzenden des Kirchlichen Außenamtes des Moskauer Patriarchats und Koordinator der AG Kirchen auf russischer Seite, Kirchenpräsident Joachim Liebig, Mitglied des Petersburger Dialogs und Leitender Geistlicher der Evangelischen Landeskirche Anhalts, und Dr. Johannes Oeldemann, Direktor am Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn und Koordinator der AG Kirchen auf deutscher Seite, widmete sich die Tagung zunächst der gegenseitigen Information über die Organisation und Arbeitsweise der Militärseelsorge in Deutschland und Russland. Der evangelische Militärbischof in Deutschland, Dr. Sigurd Rink, erläuterte in seinem Vortrag die Regelungen des Militärseelsorgevertrags in Deutschland und skizzierte den Militärseelsorger als „kritischen Partner“ der Soldaten. Militärpfarrer in Deutschland seien nicht „Diener zweier Herren“, sondern trügen ausschließlich kirchliche Verantwortung. In seinem Vortrag über die ethische Bildung in der Bundeswehr erläuterte der Vertreter des Katholischen Militärbischofsamtes, Prof. Dr. Thomas R. Elßner, die Bedeutung des „Lebenskundlichen Unterrichts“ für die Soldaten. Er dient der Vermittlung von Grundwerten sowie der Charakterbildung der Soldaten, durch die sie befähigt werden sollen, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Als positives Beispiel erwähnte er den sowjetischen Soldaten Stanislaw Petrow, der in der Zeit des Kalten Krieges durch sein selbstverantwortliches Handeln einen Atomkrieg verhindert habe. Dies zeige, dass auch von Soldaten kein unbedingter Gehorsam gefordert werden dürfe, sondern vielmehr verantwortliches Handeln gemäß dem persönlichen Gewissen erforderlich sei. Von russischer Seite stellte der pensionierte Oberst Boris Lukitschjow, Assistent des Vorsitzenden der Synodalabteilung des Moskauer Patriarchats für die Zusammenarbeit mit den Streitkräften, die Tätigkeit orthodoxer Militärseelsorger in Geschichte und Gegenwart dar. Er betonte die wichtige Rolle, die Patriarch Alexij II. bei der Wiedereinführung der Militärseelsorge in den russischen Streitkräften gespielt habe. Auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen Staat und Kirche aus dem Jahr 2009 über die Militärseelsorge sind derzeit ca. 270 hauptamtliche Militärpfarrer in der russischen Armee tätig; die meisten von ihnen sind orthodoxe Priester; es gibt aber auch drei muslimische und einen buddhistischen Seelsorger.

Über die Polizeiseelsorge in Deutschland berichtete Michael Bertling, Landespolizeipfarrer der Evangelischen Landeskirche Anhalts. In Deutschland muss dabei zwischen der Bundespolizei (dem früheren Bundesgrenzschutz) und den Landespolizeien unterschieden werden. Daher gibt es entsprechende Staatsverträge der Kirchen mit den einzelnen Bundesländern. Inhaltlich geht es bei der Polizeiseelsorge einerseits um „aufsuchende Präsenz“ (begleitende Seelsorge der Polizisten/-innen) andererseits um „wertebezogene Handlungsorientierung“ (berufsethische Aus- und Fortbildung). Wie Msgr. Wolfgang Bender, Polizeidekan im Erzbistum Paderborn, ergänzte, ist in Deutschland im Durchschnitt ein Seelsorger für 1.000 Polizisten zuständig (bspw. gibt es in NRW 40 Seelsorger für die ca. 40.000 Polizisten). Auch in Russland gibt es unterschiedliche Strukturen der Polizei, die teils dem Innenministerium, teils den lokalen Behörden unterstehen. Ca. 80 % der Polizisten bezeichneten sich als gläubige Menschen. Das System der Polizeiseelsorge ähnelt dem der Militärseelsorge.

Über die Gefängnisseelsorge in Russland referierte Pfarrer Aleksij Aleksejew, der stellv. Vorsitzende der Synodalabteilung für die Gefängnisseelsorge. Sie wurde nach 1990 wieder aufgebaut und soll den Gefangenen den Zugang zu den Sakramenten ermöglichen. Bis zum vergangenen Jahr gab es keinerlei rechtliche Grundlagen für die Gefängnisseelsorge, so dass sie nur nach Absprache mit der Anstaltsleitung möglich war. In den rd. 1.100 Gefängnissen in Russland gibt es heute 660 Kirchen und Gebetsräume. Von den ca. 700.000 Häftlingen besuchen rd. 40.000 regelmäßig die orthodoxen Gefängnisgemeinden. Neben der Feier der Liturgie und der Spendung der Sakramente bemühen sich die Gefängnisseelsorger um den Schutz der Würde der Häftlinge, ihre Resozialisierung und die Prävention. Seit Juni 2018 gibt es entsprechende rechtliche Grundlagen für die Tätigkeit der 81 hauptamtlichen Gefängnisseelsorger, darunter sieben Imame und ein Buddhist. Pastoralreferent Heinz-Bernd Wolters, Bundesvorsitzender der katholischen Gefängnisseelsorge in Deutschland, stellte in seinem Vortrag unter der Überschrift „Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen“ (Mt 25,36) die Tätigkeit der Gefängnisseelsorger/innen in Deutschland dar. In den 224 Haftanstalten in Deutschland gebe es jeweils rd. 300 evangelische und 300 katholische Seelsorger/innen. Sie genießen innerhalb der Justizvollzugsanstalten eine Sonderstellung, wobei die konkrete Ausgestaltung sich von Bundesland zu Bundesland unterscheidet. Neben Gottesdiensten bieten sie vor allen Dingen seelsorgliche Begleitung durch Gespräche und andere religiöse Veranstaltungen an, wobei die Schweigepflicht der Gefängnisseelsorger eine besondere Vertrauensbasis schafft. Auch die Betreuung der Familienangehörigen spielt eine wichtige Rolle. Igor Lindner, Leiter der Bundeskonferenz evangelischer  Gefängnisseelsorger/innen, betonte die Bedeutung transnationaler Wanderungsbewegungen, die Russland und Deutschland gleichermaßen beträfen, wenn auch in unterschiedlicher Weise.

Am letzten Konferenztag erwartete die Teilnehmer ein interessantes und eindrückliches Besuchsprogramm. Zunächst besuchte die Gruppe die Militärkirche „Verklärung Christi“ der Landstreitkräfte in Moskau. Die bis heute dem angesehenen „Verklärungs-Regiment“ zugehörige Kirche hat eine lange Geschichte, die bis auf Zar Peter den Großen zurückreicht. Auf eine 1743 errichtete Holzkirche an dieser Stelle folgte 1763 die erste Steinkirche. 1964 wurde der letzte Steinbau der Kirche von den Bolschewisten gesprengt. 2015 konnte die Kirche nach längerer Bauzeit wieder eingeweiht werden. Sie ist ein Beispiel dafür, wie eng die Verbindung von Staat und Kirche seit Jahrhunderten ist. „Für Russland kämpfen, heißt zugleich für die Verteidigung des orthodoxen Glaubens kämpfen“, erläuterte der Militärpfarrer. Im Anschluss daran wurde die Gruppe durch die weiträumige Klosteranlage des Nowospasskij-Klosters in Moskau geführt. Architektonisch ist es eines der befestigten Klöster rund um Moskau, das der Verteidigung der Stadt diente. Es entstand 1491 unter Großfürst Ivan III.; die jetzigen Bauten stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Eine berühmte Marienikone in der Hauptkirche ist das Ziel vieler Pilger, die auf die Heilung von schweren Krankheiten (z.B. Krebsleiden) hoffen. Im Nowospasskij-Kloster befindet sich die Familiengruft der Romanows, die bereits im 15. Jahrhundert große Spenden für das Kloster gegeben und im Gegenzug das Recht auf Bestattungen von Familienmitgliedern erworben haben. Neben der Besichtigung der Grabstätten der Romanows wurde im Außenbereich des Klosters auf die dunkle Geschichte dieses Ortes in der Zeit des Bolschewismus hingewiesen, als das Kloster Hinrichtungsstätte des KGBs war und die „Verklärungskirche“ als Archiv des KGB genutzt wurde. Seit 1991 ist es als Männerkloster wieder neu seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt worden.

Insgesamt verdeutlichte die Tagung, dass das Verständnis und die Arbeitswiese im Bereich der Militär-, Polizei- und Gefängnisseelsorge in Deutschland und Russland recht unterschiedlich ist, beide Seiten aber vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch profitieren können.

Gemeinsame Sitzung der AGs Kirchen, Zivilgesellschaft und Gesundheit, St. Petersburg, 17.-19. Oktober 2018

Die gemeinsame Sitzung der Arbeitsgruppen Kirchen in Europa, Gesundheit und Zivilgesellschaft fand am 17.-19. Oktober zum Thema „Praktische Arbeit mit Menschen mit Behinderung“ statt. Weiterlesen

Sitzung der AG Kirchen in Europa beim 17. Petersburger Dialog, Moskau, 8. Oktober 2018

Bei ihrer Sitzung im Rahmen der diesjährigen Plenarveranstaltung, die von Dr. Johannes Oeldemann und Erzpriester Sergij Swonarjow moderiert wurde, befasste sich die Arbeitsgruppe mit dem Thema „Der kirchliche Dienst in Hospizen als Beitrag zur Sozialfürsorge“. Weiterlesen

Theologenreise, Moskau, Jekaterinburg, St. Petersburg, 14. – 22. September 2018

Zwischen Verfolgung und Verklärung

Die Orthodoxe Kirche in Russland vor der Herausforderung einer „Heilung der Erinnerungen“ Weiterlesen

Tagung der AG Kirchen, Lutherstadt Wittenberg, 26.-28. Juni 2018

Die AG „Kirchen in Europa“ des Petersburger Dialogs traf sich vom 26. bis 28. Juni 2018 in Lutherstadt Wittenberg zu einer Fachtagung über „Grundprinzipien der Sozialethik“ aus russisch-orthodoxer, katholischer und evangelischer Sicht. Weiterlesen

Sitzung der AG Kirchen in Europa beim 16. Petersburger Dialog in Berlin, 23./24. November 2017

Im Rahmen des 16. Petersburger Dialogs befasste sich die Arbeitsgruppe „Kirchen in Europa“ am 24. November 2017 mit der Frage der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Weiterlesen