Sitzung der AG Medien, München, 5. April 2013

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als politikferner und kommerzunabhängiger „Rundfunk der Gesellschaft“ war Gegenstand einer Tagung, die die Arbeitsgrupe Medien im Petersburger Dialog am 5. April 2013 auf Einladung des Bayerischen Rundfunks in München abhielt. Das Modell, das sich in westlichen Ländern und auch in Deutschland bewährt hat, wird gegenwärtig ähnlich auch in Russland verwirklicht.In umfangreichen Referaten deutscher und russischer Experten wurden juristische, programmliche und politische Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks debattiert und die idealtypische Idee mit der Wirklichkeit abgeglichen, wofür die Rundfunkgeschichte Deutschland viele anschauliche Beispiele lieferte.
Mit Interesse wurde von der Arbeitsgruppe wahrgenommen, dass die Aufsichtsgremien auf russischer Seite gänzlich ohne Politiker besetzt sind, um die inhaltliche und programmliche Unabhängigkeit des Senders zu sichern.
Die Umsetzung auf russischer Seite wird sich entscheiden an der Frage der Finanzierung, die dort noch nicht im Rahmen einer „Haushaltsgebühr“ deutschen Vorbilds möglich ist. Die Mittel von gegenwärtig 1,5 Milliarden Rubel jährlich, die aus dem Staatshaushalt bereitgestellt werden, reichen nach Auskunft des zuständigen Generaldirektors, Anatoli Lysenko, nicht aus, um das zivilgesellschaftlich wichtige Projekt dauerhaft abzusichern.
Die Arbeitsgruppe Medien bittet daher die zuständigen Stellen in Russland, die zusätzlichen Mittel zu genehmigen, die zur Fortführung des Aufbaus des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Russland notwendig sind.
Darüber hinaus wies die AG Medien auf einige Missstände hin, die einer breiten und unabhängigen Berichterstattung deutscher Medien aus Russland im Wege stehen:

  • Die Zollabgaben für Umzugsgut, das Journalisten nach Moskau mitbringen, müssen drastisch gesenkt werden. Sie haben derzeit eine prohibitive Höhe, die angesichts des allgemeinen Kostenbewusstseins in den Verlagshäusern zur Einstellung des Korrespondentenplatzes Moskau führen könnte.
  • Der Zugang zu Informationen und die Auskunftsgeschwindigkeit muss bei öffentlichen Institutionen in Russland erleichtert und beschleunigt werden. Die Beantwortung von Anfragen an Ministerien oder Behörden nehme oft mehrere Wochen in Anspruch, was sich mit einer aktuellen Berichterstattung nicht vertrage und ihrer Präzision schade.
  • Die rechtlichen Fundamente einer freien Berichterstattung in Russland sind zwar vorhanden, es muss aber verhindert werden, dass sie stückweise ausgehöhlt werden. Diese gemeinsame Sorge der deutschen und russischen Journalisten in der AG Medien des Petersburger Dialogs soll gegenüber den zuständigen politischen Stellen nachdrücklich formuliert werden.
  • Die bisher wesentlich zu langsame Erteilung von deutschen Visa für journalistische Einsätze russischer Kollegen in Deutschland ist ein unverändert großes Problem, auf deren Lösung die AG Medien besteht.
  • Die in Deutschland arbeitenden russischen Korrespondenten sollen nach den Problemen befragt werden, die ihrer täglichen Arbeit behindernd im Wege stehen. Die AG Medien wird sich für die Lösung dieser Probleme einsetzen.

Mit Sorge sehen die russischen und deutschen Journalisten das Erstarken nationalistischer Tendenzen sowohl innerhalb der EU als auch in Russland. Sie schlagen deshalb vor, sich diesem Thema unter aktuellen, aber auch historischen Aspekten im nächsten Petersburger Dialog zu nähern. Das Jahr 2014 bietet als Jahr der 100. Wiederkehr des Ausbruchs des 1. Weltkrieges vielfältige Ansätze dafür. Das Dachthema könnte lauten: „Kommt der Nationalismus wieder? Geschichte, Gefahren und Abwehrstrategien“.

Alle diese Punkte wird die Arbeitsgruppe Medien bei den kommenden Tagungen des Petersburger Dialogs und auch gegenüber den zuständigen politischen Instanzen zur Sprache bringen.

Im Anhang finden sich weitere Materialien zur Tagung der AG Medien in München, darunter die Teilnehmerliste und einige der Impulsreferate.

Vortrag FRONIN AG Medien

Vortrag GROTZKY AG Medien

Vortrag WENDLINGER AG Medien