Vielfältige Themen und lebendiger Austausch beim 10. Petersburger Dialog 2010

Jekaterinburg, 15. Juli 2010. Auf den Gemeinsamkeiten der Geschichte aufbauen und in die Zukunft denken – dieser Leitfaden zog sich durch den 10. Petersburger Dialog und seine acht Arbeitsgruppen. Die deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft, bereits 2008 im Petersburger Dialog beschlossen, entspricht diesem zukunftsorientierten Ansatz.

Sie soll verstärkt weitergeführt werden. Die bilateralen deutsch-russischen Erfahrungen im Petersburger Dialog können dabei auch für die russisch-europäischen Partnerschaftsbeziehungen einen wichtigen Impuls geben.

Der Modernisierungsgedanke umfasst sämtliche Bereiche der Gesellschaft und wurde entsprechend in mehreren Arbeitsgruppen thematisiert, so auch in der AG Wirtschaft, die sich vor allem mit Fragen der Energieeffizienz auseinandersetzte. Auf Grund der Zusammenarbeit im Energiebereich verfügen Russland und Deutschland über alle notwendigen Ressourcen für eine erfolgreiche Modernisierung und unterstützen die Gestaltung einer einheitlichen rechtlichen Basis der internationalen Zusammenarbeit. Die Teilnehmer empfehlen, die Ausarbeitung einer „Konzeption des Weltenergiekodex“ fortzusetzen.

Gemeinsame Werte, Verständnis füreinander und für die Vergangenheit sind laut der Arbeitsgruppe Zukunftswerkstatt Voraussetzung für eine gleichberechtigte Modernisierungs-partnerschaft. Verschiedene Projekte sind angedacht, darunter ein Festival deutscher und russischer Dokumentarfilme über den Zweiten Weltkrieg mit gemeinsamen Diskussionen.

Mit den Wechselwirkungen zwischen der Modernisierung der Gesellschaft und der geistlich-moralischen Erziehung der jungen Generation befasste sich die Arbeitsgruppe Kirchen in Europa. Die Teilnehmer unterstützen den Religionsunterricht an russischen Schulen und verstehen diesen in einem ganzheitlichen Sinne als Teil des Bildungsauftrags. Während der zweijährigen Probephase des Religionsunterrichts will die Arbeitsgruppe Kirchen in Europa begleitend dazu gemeinsame Seminare durchführen.

Die Schaffung eines deutsch-russischen Sozialforums wird von der Arbeitsgruppe Zivilgesellschaft angeregt. Den zahlreichen NGOs im sozialen Bereich könnte dadurch zu mehr Gewicht gegenüber staatlichen Organisationen verholfen werden. Das Programm „Treffpunkt Dialog“ für Opfer des Nationalsozialismus der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ wurde als besonders beispielhaft bewertet. In der Frage der gegenseitigen Visaregelungen wurde angeregt, in einem ersten Schritt die gewährten Ausnahmen auf freiwillg Dienstleistende auszudehnen. Seminare zum Thema Geschichtsbild und Arbeit von NGOs sollen in nächster Zukunft umgesetzt werden.

Die Arbeitsgruppe Bildung und Wissenschaft befasste sich schwerpunktmäßig mit den Feldern Logistik und Gesundheitswesen im Rahmen der Modernisierungspartnerschaft. Ein erster Studiengang am Zentrum für Logistik der Universitäten St. Petersburg und Wiesbaden (ebs) wird im Herbst 2010 starten. Weitere Pilotprojekte im Logistikbereich sind „Infrastrukturentwicklung für Metropolregionen“ und „Magnetschwebebahn Berlin-Moskau“.
Ein sichtbarer Erfolg der Arbeit des Petersburger Dialogs im Bereich Gesundheitsvorsorge wird die Inbetriebnahme der Föderalen Leukämie-Kinderklinik in Moskau im Juni 2011 sein.

Eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur und deren mögliche Gestaltung war einer der Schwerpunkte der Arbeitsgruppe Politik beim 10. Petersburger Dialog. Nur eine Integration Russlands in eine solche Sicherheitsarchitektur ist sinnvoll, so der Konsens der Teilnehmer.

Die Arbeitsgruppe Kultur unterstrich die Bedeutung einer raschen Unterzeichnung des bereits verhandelten Filmkoproduktionsabkommens. Eine aktuelle deutsch-russische Koproduktion wird in der nächsten Sitzung auf der Tagesordnung stehen. Konkrete Projekte der Arbeitsgruppe sind außerdem die Ausstellungen „Bronzezeit – Europa ohne Grenzen“ und „Russen und Deutsche, 1000 Jahre Geschichte, Kunst und Kultur“ sowie zwei neue Ausstellungsprojekte: „Dresden in der Eremitage“ und „Deutscher Wald – Zeitgenössische Kunst“. In Jekaterinburg stellte die Arbeitsgruppe Kultur zwei Publikationen vor, die als Ergebnisse aus den Projekten „Avantgarde Architektur“ und „Welterbe weiterbauen“ hervorgegangen sind.

Die Arbeitsgruppe Medien äußerte Sorgen über den Erhalt des Qualitätsjournalismus vor dem Hintergrund der durch die digitale Entwicklung veränderten Medienlandschaften. Geplant sind Vorschläge für Stiftungsmodelle, die staatlich unabhängige und zugleich wirtschaftliche sichere Grundlagen für journalistische Geschäftsmodelle anregen. Journalistische Studiengänge, darunter die von der Arbeitsgruppe angeregten Pilotprojekte, sollen weiter gefördert werden.

Parallel zum Dialog tagte zudem das 6. Deutsch-Russische Jugendparlament, die „Schule der Zivilgesellschaft“, vom 11.-16. Juli 2010 in Jekaterinburg. Die Präsidenten des Parlaments, Anna Ryschowa und Alexander Schauer, berichteten in der Abschlusssitzung des Petersburger Dialogs, welche Fragen die jungen Parlamentarier in ihren Ausschüssen beschäftigt hatten. Die Redakteure des Jugendportals to4ka-treff.de bloggen zum Jugendparlament und zum Petersburger Dialog auf http://blog.goethe.de/jugendparlament/.