Tagung der AG Kirchen in Europa, Hamburg, 30. Mai – 1. Juni 2016

Die aktuellen Migrationsbewegungen in Europa standen im Fokus einer Fachtagung der Arbeitsgruppe „Kirchen in Europa“, die vom 29. Mai bis 1. Juni 2016 in der Katholischen Akademie Hamburg stattfand. Die 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland und Russland berieten über die Auswirkungen der in den letzten beiden Jahren deutlich angestiegenen Zuwanderung auf Kirchen und Gesellschaft. „Zwischen Menschlichkeit und Überforderung“ – unter dieser Überschrift schilderte Dr. Andras Fisch von der „Kommende“, dem Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn in Dortmund, die gegenwärtige Lage in Deutschland. Oleg Kalimullin vom Kirchlichen Außenamt des Moskauer Patriarchats unterstrich in seinem Vortrag über die Situation in der Russischen Föderation, dass es sowohl zahlreiche Immigranten (aus der Ukraine sowie aus den asiatischen Nachbarländern) als auch viele Emigranten (vor allem in westliche Länder) gebe und Russland zudem für rund 1 Million Migranten ein Transitland sei. Innerhalb Russlands stelle vor allem die Arbeitsmigration (in der Regel von den östlichen in die westlichen Landesteile) eine große Herausforderung dar. Wassilij Rulinskij von der Synodalabteilung für Caritas und Soziales skizzierte in seinem Referat, wie die Orthodoxe Kirche in Russland auf verschiedenen Ebenen die Flüchtlinge aus der Ukraine unterstützt. Katharina Vahnenbruck vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz informierte ihrerseits über aktuelle Initiativen der katholischen Kirche in Deutschland für die Flüchtlinge sowie die Tätigkeit des Sonderbeauftragten für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße. Martina Severin-Kaiser, Hauptpastorin an der evangelischen Hauptkirche St. Petri in Hamburg, verdeutlichte in ihrem Beitrag, wie die gute Zusammenarbeit zwischen den Kirchen verschiedener Traditionen in Hamburg (darunter auch viele orthodoxe Gemeinden) sich gerade angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen im vergangenen Jahr bewährt und vertieft hat. Zwei Vorträge von Oberkirchenrat Dr. Martin Illert vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) über die evangelisch-orthodoxe Zusammenarbeit beim Aufbau der durch Migration entstandenen orthodoxen Gemeinden in Deutschland nach 1945 sowie von Oleg Pschenizyn von der Synodalabteilung für die Beziehungen zwischen Kirche, Gesellschaft und Medien über die Zusammenarbeit der Russischen Orthodoxen Kirche mit den staatlichen Behörden, die für Migranten zuständig sind, rundeten die Tagung ab.

Bei einer Begegnung mit Vertretern der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Hamburg in den Räumlichkeiten des „Ökumenischen Forums“ in der neuen Hamburger Hafen-City am Montagabend, die verbunden war mit einem Abendgebet und einem Empfang seitens der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Norddeutschland, vertreten durch Oberkirchenrat Wolfgang Vogelmann, sowie einem Abendgebet in der katholischen Kirche St. Ansgar am Dienstagabend und dem anschließenden Empfang seitens des Erzbistums Hamburg, vertreten durch Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke, hatten die Tagungsteilnehmer Gelegenheit, sich mit der Situation der Kirchen vor Ort vertraut zu machen.

Insgesamt wurde bei der Fachtagung deutlich, dass die Herausforderungen im Blick auf die aktuellen Migrationsbewegungen in Deutschland und Russland teils unterschiedlich, teils gemeinsam sind: Während in Deutschland angesichts der hohen Flüchtlingszahlen aus dem Nahen Osten vor allem die sprachliche und kulturelle Integration eine schwierige Aufgabe ist, stellt dies in Russland, wo die meisten Migranten die russische Sprache beherrschen, kein Problem dar. Dagegen stellt die Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt beide Länder vor große Herausforderungen. Hier sind es oft gerade die Kirchen, die eine größere Sensibilität für die Probleme und Nöte der Migranten als die staatlichen Stellen zeigen und dadurch auf notwendige Handlungsfelder aufmerksam machen, in denen der Staat (noch) nicht tätig ist. Orthodoxe, katholische und evangelische Christen legen durch ihr großes Engagement für die Migranten gemeinsam Zeugnis für die unverlierbare Menschenwürde ab, die jedem Flüchtling – unabhängig von Sprache, Hautfarbe, Kultur und Religion – zukommt. Dies wollen die Kirchenvertreter auch in den Dialog mit anderen Gruppen der Zivilgesellschaft einbringen.