Sitzung der Themengruppe „Bürgerdialog, Kommunale Kooperationen, Medien, Kultur“ beim 5. Petersburger Dialog, St. Petersburg, 30.11. – 1.12.2005

Die drei Themenkomplexe Bürgerdialog / Kommunale Kooperationen, Medien und Kultur wurden in der Diskussion gesondert behandelt.

Im Bereich Kultur wurde ein in der bisherigen intensiven Zusammenarbeit innerhalb des Petersburger Dialogs nahezu gänzlich ausgespartes Thema diskutiert: die Architektur. Im Vordergrund stand dabei der Umgang mit dem tradierten historischen Baubestand in Deutschland und Russland, zum einen unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes, zum anderen unter den Gesichtspunkten moderner Nutzungsnotwendigkeiten. Dabei wurde unterstrichen, dass eine offene gesellschaftliche Diskussion über das Verhältnis von Tradition und Innovation in den Städten unbedingt erforderlich ist. Besonders hingewiesen wurde auf die in ihrem Bestand gefährdete Avantgardearchitektur in Russland und auf die Bebauung der Stadt Moskau, wo viel Schützenswertes verloren zu gehen droht. Umso mehr erfüllten die in der Sitzung vorgestellten Erweiterungsvorhaben im Rahmen der sogenannten Großen Eremitage, mit denen Teile der Bebauung in St. Petersburg der Eremitage zur Verfügung gestellt werden, die Teilnehmer mit Zufriedenheit.

Die Vorschläge für die praktische Zusammenarbeit richteten sich darauf, dass die in Gründung befindliche Bundesstiftung für Baukultur in Deutschland sich mit dem Thema historischer Architektur auch mit Blick auf russisches Kulturgut befassen solle. Weitere Kooperationsmöglichkeiten sieht die Themengruppe vor allem in den Bereichen Bauhandwerk und technische Konservierung, in denen ein Fachkräfte- bzw. Erfahrungsaustausch wünschenswert ist. Ins Kalkül gezogen wurden auch gemeinsame Konferenzen und Ausstellungen als Mittel, die Problematik erhaltenswerter Architektur stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Dabei wurde jedoch auf die hohen Kosten hingewiesen.

Für den Themenbereich Medien ist zunächst zu berichten, dass die Vorbereitungen für die Gründung eines Peter-Boenisch-Stipendiums, das an den im August 2005 verstorbenen deutschen Ko-Vorsitzenden des Petersburger Dialogs erinnern soll, weit fortgeschritten sind. Das Stipendium soll deutsche und russische Journalisten zusammenführen, indem es ihnen ermöglicht, für ein Jahr in führenden deutschen Medieninstitutionen zu arbeiten. Darüber hinaus wird beabsichtigt, die journalistische Arbeit außerhalb der politischen Berichterstattung aus den Hauptstädten zu ermutigen und hier verstärkt auf das Thema Fernsehdokumentationen in beiden Ländern einzugehen.

Im Weiteren wurde eingehend über die gegenseitige Wahrnehmung von Deutschen und Russen diskutiert und angemahnt, dass an der Überwindung des nach wie vor von Klischees und Stereotypen geprägten Bildes des jeweils anderen Landes gearbeitet werden müsse. Als wissenschaftliche Grundlage hierfür wurden Umfragen von Meinungsinstituten in Deutschland und Russland vorgeschlagen, die fundiert Aufschluss über den jeweiligen Blick auf den Anderen geben. Um einen ersten Eindruck vom Bild voneinander zu erhalten, wurde ein Arbeitstreffen mit Beteiligung deutscher und russischer Journalisten angeregt. In diesem Zusammenhang wurde kritisch darauf verwiesen, dass die journalistische Präsenz auf der russischen Seite konkreter ausfallen möge, da ein Forum wie der Petersburger Dialog erfordere, dass beide Seite so vertreten sind, dass ein vertiefter Austausch über die beide Seiten interessierenden Fragen stattfinden kann.

Auch der Themenbereich Zivilgesellschaft litt unter einer nicht ausgewogenen Beteiligung auf deutscher und russischer Seite. Dies war insofern betrüblich, als viele interessante Anregungen für die Intensivierung des Bürgerdialogs vorgestellt wurden. Die Diskussion konzentrierte sich auf die Frage, wie sich auf der untersten Basis die Menschen zusammenbringen lassen, wobei insbesondere die Rolle der Städtepartnerschaften hervorgehoben wurde. Hier wurde an den Petersburger Dialog appelliert, sich in beiden Ländern für eine Vermehrung der noch nicht befriedigenden Zahl der deutsch-russischen Städtepartnerschaften einzusetzen. Zudem wurde darauf aufmerksam gemacht, dass bürgerschaftliches Engagement in den Städten auch in Bereichen wie Universität und Schule stattfinde und dass es wünschenswert sei, hier bestehende Partnerschaften in den städtepartnerschaftlichen Dialog auf kommunaler Ebene zu integrieren.

Schließlich wurde in der Themengruppe das geplante Gesetz über die Nichtregierungsorganisationen kritisch angesprochen, da viele Teilnehmer des Petersburger Dialogs hinsichtlich ihrer Arbeitsmöglichkeiten hiervon unmittelbar betroffen sind. Auf deutscher und russischer Seite war man sich darin einig, dass auf das Gesetz aufmerksam gemacht werden solle und dass dieses keine negativen Auswirkungen auf die von beiden Seiten ausdrücklich erwünschte Zusammenarbeit im Bereich der Zivilgesellschaft zur Folge haben dürfe.